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Vertrag von Neuilly-sur-Seine – Wikipedia
Vor 100 Jahren: Bulgarien tritt in den Ersten Weltkrieg ein - Geschichte und Religion
Bulgaria during World War I - Wikipedia
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg_au%C3%9Ferhalb_Europas?
https://www.lpb-bw.de/erster-weltkrieg-zusammenfassung
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf/kriegserklaerungen
https://grandeguerre.hypotheses.org/1418
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg_au%C3%9Ferhalb_Europas
Gebirgskrieg 1915–1918 – Wikipedia
Erster Weltkrieg - Belgisches Staatsarchiv
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/kriegsverlauf/kriegseintritt-der-usa-1917
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kriegseintritt_der_Vereinigten_Staaten
Lehren aus dem Ersten Weltkrieg - GOV.UK
Japan trat 1914 in den Ersten Weltkrieg ein, um sich den Alliierten anzuschließen. Sie hatten wenig Interesse an den Kämpfen in Europa, sondern wollten ihre Macht in Asien und im Pazifik ausbauen. Japan sah den Krieg als eine Gelegenheit, seinen internationalen Einfluss zu vergrößern und die Position Deutschlands in der Region herauszufordern.
Die Entscheidung Japans, in den Krieg einzutreten, war von langfristigen Zielen getrieben. Japan wollte seine Kontrolle über Ostasien verstärken und seine kolonialen Ambitionen ausweiten. Dazu präsentierte Japan 1915 China die „21 Forderungen“, die Gebietsansprüche und Zugang zu Ressourcen beinhalteten. Dieser aggressive Ansatz führte zu Spannungen mit westlichen Ländern wie Großbritannien, das ebenfalls Interessen in der Region hatte.
Während des Krieges konzentrierte sich Japan nicht nur auf Diplomatie, sondern ergriff auch militärische Maßnahmen. Sie kämpften gegen deutsche Kolonien im Pazifik und in China. Ihre militärischen Erfolge zeigten der Welt Japans Macht in Asien. Nach dem Krieg gewährte der Vertrag von Versailles 1919 Japan verschiedene Territorien, wie die Marianen, Karolinen und Palau-Inseln, und verstärkte so ihre Kontrolle über die Region.
Japan nahm an mehreren Militäraktionen teil, hauptsächlich im Pazifik und in Ostasien, um gegen Deutschland zu kämpfen. Eine bedeutende Aktion war die Belagerung von Tsingtao, einer deutschen Kolonie in China. Japan begann die Belagerung im August 1914 und setzte dabei seine Armee und Marine ein. Die Belagerung endete am 7. November 1914, als die Deutschen sich ergaben. Dieser Sieg half Japan, wichtige strategische Punkte zu erobern und Deutschland aus der Region zu verdrängen.
Auch die japanische Marine spielte eine entscheidende Rolle bei der Niederlage der deutschen Flotte im Pazifik. Sie trafen auf das deutsche Ostasiatische Geschwader unter Admiral Maximilian von Spee. Eine wichtige Schlacht fand 1914 bei den Falklandinseln statt, bei der eine britisch-japanische Streitmacht die deutsche Flotte zerstörte. Diese Niederlage beendete die maritime Präsenz Deutschlands im Pazifik und festigte Japans Kontrolle über wichtige Handelsrouten.
Während Japans militärische Führer möglicherweise nicht so berühmt waren wie die der europäischen Großmächte, waren sie entscheidend für Japans Erfolge. Zu den bekannten Persönlichkeiten gehörten Admiral Heihachirō Tōgō und General Maresuke Nogi. Tōgō erlangte Ruhm durch seinen Sieg im Russisch-Japanischen Krieg von 1905. Auch wenn seine Rolle im Ersten Weltkrieg kleiner war, prägte sein strategisches Denken die japanischen Militärpläne im Pazifik.
General Nogi war ebenfalls ein bedeutender Führer, vor allem aus dem vorherigen Krieg bekannt. Seine Rolle im Ersten Weltkrieg war weniger bedeutend, da Japan sich auf marine- und regionalpolitische Einsätze konzentrierte.
Japan profitierte wirtschaftlich erheblich vom Ersten Weltkrieg. Die Nachfrage nach Kriegsbedarf stärkte die Wirtschaft. Japan wurde als führende Industriemacht in Asien anerkannt. Die Militärindustrie florierte durch Kriegsverträge und erhöhte die Produktion von Waffen und Ausrüstung. Diese wirtschaftlichen Gewinne gingen jedoch mit einer Zunahme der Militarisierung einher. Der Erfolg im Krieg förderte den wachsenden Nationalismus, was den Weg für eine größere militärische Rolle in der Politik in den kommenden Jahren ebnete.
Der Krieg hatte einen großen Einfluss auf Japan. Als einer der Sieger erhielt Japan durch den Vertrag von Versailles 1919 Territorien und Kolonien, darunter die Kontrolle über ehemalige deutsche Gebiete im Pazifik. Japan wurde auch als permanentes Mitglied des Völkerbundes anerkannt, was seinen Status als aufstrebende Großmacht stärkte. In den Jahren nach dem Krieg sah sich Japan einer zunehmenden Militarisierung gegenüber. Die Erfolge und die internationale Anerkennung führten dazu, dass Japan nach mehr Expansion strebte, was zur Aggression der 1930er Jahre und zum Beginn des Zweiten Weltkriegs beitrug.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Japan 1914 in den Ersten Weltkrieg eintrat, sich auf strategische Operationen in Asien und im Pazifik konzentrierte, was es ihm ermöglichte, seinen Einfluss auszuweiten, ohne direkt in die Kämpfe in Europa einzugreifen. Ihre Teilnahme brachte militärische Erfolge, Gebietsgewinne und eine stärkere Position in der Welt. Dies ebnete den Weg für Japans zunehmende Rolle in den globalen Angelegenheiten des 20. Jahrhunderts.
Der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg am 6. April 1917 markierte einen entscheidenden Wendepunkt sowohl für den Verlauf des Krieges als auch für die zukünftige Rolle der USA auf der globalen Bühne. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die USA eine Politik der Neutralität verfolgt, doch eine Reihe von Ereignissen und Entwicklungen führten schließlich zu ihrer Beteiligung am Konflikt.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 entschieden sich die Vereinigten Staaten unter Präsident Woodrow Wilson für eine neutrale Haltung. Diese Entscheidung spiegelte die vorherrschende öffentliche Meinung wider, die eine Einmischung in europäische Angelegenheiten ablehnte. Die USA verfolgten eine Isolationismuspolitik, die darauf abzielte, sich aus internationalen Konflikten herauszuhalten und sich auf die eigene Entwicklung zu konzentrieren.
Trotz der offiziellen Neutralität unterhielten die USA jedoch wirtschaftliche Beziehungen zu den kriegführenden Nationen, insbesondere zu Großbritannien und Frankreich. Amerikanische Unternehmen profitierten von der Lieferung von Waffen, Munition und anderen Gütern an die Alliierten, was zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führte. Diese wirtschaftlichen Verbindungen spielten eine bedeutende Rolle bei der späteren Entscheidung zum Kriegseintritt.
Ein zentraler Faktor, der die USA zum Kriegseintritt bewegte, war der von Deutschland geführte uneingeschränkte U-Boot-Krieg. Im Februar 1917 kündigte Deutschland an, alle Schiffe in den Gewässern um Großbritannien und Frankreich ohne Vorwarnung anzugreifen, unabhängig von ihrer Nationalität. Diese Strategie zielte darauf ab, die Nachschubwege der Alliierten zu unterbrechen, führte jedoch auch zur Versenkung neutraler Schiffe, darunter amerikanische Handelsschiffe.
Already, the sinking of the RMS Lusitania in May 1915 with the death of 128 Americans in it, had turned public opinion in the United States against Germany. The resumption of unrestricted submarine warfare in 1917 led to more American ship losses and lives lost that increased pressure on the United States Government.
Another important cause for the entry of the United States into the war was the famous Zimmermann Telegram. In January 1917, German Foreign Minister Arthur Zimmermann sent an encrypted telegram to the German legation in Mexico. He suggested a military alliance between Germany and Mexico in case of an American declaration of war. The reward for such an alliance was to be German support in regaining the territories of Texas, New Mexico, and Arizona.
Das Telegramm wurde von britischen Geheimdiensten abgefangen und den USA übermittelt. Die Veröffentlichung des Inhalts im März 1917 löste Empörung in der amerikanischen Öffentlichkeit aus und verstärkte die Forderungen nach einem Kriegseintritt. Die Vorstellung, dass Deutschland versuchte, fremde Mächte gegen die USA zu verbünden, wurde als direkte Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen.
Angesichts dieser Entwicklungen trat Präsident Woodrow Wilson am 2. April 1917 vor den Kongress und forderte eine Kriegserklärung an Deutschland. In seiner Rede betonte er die Notwendigkeit, die Welt „sicher für die Demokratie“ zu machen und gegen die Bedrohung durch autokratische Regime vorzugehen. Der Kongress stimmte der Kriegserklärung am 6. April 1917 zu.
After declaring war, general mobilization began. The Selective Service Act of 1917 introduced conscription, and millions of men were drafted into the army. The American Expeditionary Forces, under the command of General John J. Pershing, were established and sent to Europe. The first US troops arrived in France in June 1917, but it would take several months before they were available in large numbers.
Die US-Truppen spielten eine entscheidende Rolle in mehreren wichtigen Schlachten des Jahres 1918. In der Zweiten Schlacht an der Marne im Juli 1918 halfen sie, eine deutsche Offensive abzuwehren und leiteten eine Gegenoffensive ein, die als Wendepunkt des Krieges gilt. Die Maas-Argonnen-Offensive, die von September bis November 1918 stattfand, war die größte Operation der AEF und trug maßgeblich zur Niederlage Deutschlands bei. In dieser Offensive kämpften über eine Million US-Soldaten, und sie gilt als eine der blutigsten Schlachten in der amerikanischen Geschichte.
Neben der militärischen Beteiligung leisteten die USA erhebliche wirtschaftliche Unterstützung für die Alliierten. Amerikanische Banken gewährten Großbritannien und Frankreich umfangreiche Kredite, und die US-Industrie lieferte Waffen, Munition und andere kriegswichtige Güter. Diese Unterstützung war entscheidend für die Aufrechterhaltung der Kriegsanstrengungen der Alliierten.
Der Kriegseintritt hatte auch tiefgreifende Auswirkungen auf die amerikanische Gesellschaft: Die Wirtschaft erlebte einen Boom infolge der gesteigerten Nachfrage nach Industriegütern, was wiederum zu einer Steigerung der Beschäftigung führte. Frauen traten vermehrt in die Arbeitswelt ein, um die Lücken zu füllen, die durch eingezogene Männer entstanden waren, was langfristig zur Stärkung der Frauenrechtsbewegung beitrug. The experiences of African American soldiers during the war had them more vocal on the issue of civil rights and paved the way for the eventual civil rights movement.
Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 spielte Präsident Wilson eine führende Rolle bei den Friedensverhandlungen. Er präsentierte seinen Vierzehn-Punkte-Plan, der Prinzipien wie das Selbstbestimmungsrecht der Völker, freie Schifffahrt und die Gründung des Völkerbundes zur Sicherung des Weltfriedens umfasste. Obwohl einige seiner Vorschläge im Vertrag von Versailles berücksichtigt wurden, stieß der Vertrag in den USA auf erheblichen Widerstand. Der US-Senat lehnte die Ratifizierung ab, hauptsächlich aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Verpflichtungen, die mit einer Mitgliedschaft im Völkerbund verbunden waren. Infolgedessen traten die USA dem Völkerbund nicht bei und kehrten in eine Phase des Isolationismus zurück.
Langfristig veränderte der Erste Weltkrieg die geopolitische Rolle der Vereinigten Staaten grundlegend. Obwohl sie sich nach dem Krieg zunächst aus internationalen Angelegenheiten heraushielten, legte ihre Beteiligung am Ersten Weltkrieg den Grundstein für ihre spätere Führungsrolle im 20. Jahrhundert. Die Erfahrungen des Krieges beeinflussten die amerikanische Außenpolitik nachhaltig und prägten das Engagement der USA in späteren globalen Konflikten.
3.8.1914: Das Deutsche Kaiserreich erklärt Frankreich den Krieg. Damit entwickelt sich der bewaffnete Konflikt, der nach dem Attentat von Sarajevo am 28. Juni zwischen Österreich-Ungarn, Serbien, Russland und Deutschland ausgebrochen war, endgültig zum Weltkrieg.
6.9.1914: Beginn der Schlacht an der Marne, beginn der Schlacht an den Masurischen Seen.
12.9.1914: Ende der Schlacht an der Marne verdeutlicht das Scheitern des Schlieffen-Plans.
15.9.1914: Ende der Schlacht bei an den Masurischen Seen bei der die 1. Russische Armee von der 8. Deutschen Armee geschlagen wurde.
8.12.1914: Die französische Regierung verlegt ihren Sitz nach Paris zurück.
6.4Beginn der französischen Offensive an der Aisne.
27.5.Die am 6. April 1917 begonnene französische Offensive an der Aisne und in der Champagne wird nach großen Verlusten eingestellt.
2.6.- 19.6.Internationaler Sozialistenkongress in Stockholm sucht nach Möglichkeiten des Friedensschlusses. Der französische Ministerpräsident Ribot verweigert den Sozialisten seines Landes die Ausreise nach Stockholm.
13.11Der französische Ministerpräsident Painlevé tritt zurück, weil er keine Akzeptanz im Parlament findet.
Die Deutschen verwalteten die besetzten Gebiete Belgiens (über 95 % des Landes), während ein kleiner Bereich um Ypern unter belgischer Kontrolle blieb. Eine Besatzungsbehörde, bekannt als die Generalregierung, hatte die Kontrolle über den Großteil des Gebiets, obwohl die beiden Provinzen Ost- und Westflandern einen Sonderstatus als Kriegszone erhielten, die direkt unter der Kontrolle der deutschen Armee stand. Anderswo herrschte Kriegsrecht. Während der Mehrheit der Besatzung war der deutsche Militärgouverneur Moritz von Bissing (1914–17). Unterhalb des Gouverneurs gab es ein Netzwerk regionaler und lokaler deutscher Kommandanturen, und jede Ortschaft stand unter der endgültigen Kontrolle eines deutschen Offiziers.
Viele Zivilisten flohen aus den Kriegsgebieten in sicherere Teile Belgiens. Viele Flüchtlinge aus dem ganzen Land gingen in die Niederlande (die neutral waren) und etwa 300.000 nach Frankreich. Über 200.000 gingen nach Großbritannien, wo sie sich in London niederließen und Kriegsarbeit fanden. Die britischen und französischen Regierungen richteten das War Refugees Committee (WRC) und den Secours National ein, um Hilfe und Unterstützung zu leisten; es gab zusätzlich 1.500 lokale WRC-Komitees in Großbritannien. Die hohe Sichtbarkeit der Flüchtlinge unterstrich die Bedeutung Belgiens in den Köpfen der Franzosen und Briten. Im Frühjahr 1915 begannen die deutschen Behörden mit dem Bau des "Todesdrahts", eines tödlichen Elektrizitätszauns entlang der belgisch-niederländischen Grenze, der zwischen 2.000 und 3.000 belgische Flüchtlinge das Leben kostete, die versuchten, das besetzte Land zu verlassen.
Auf Rat der belgischen Regierung im Exil blieben die Beamten während des gesamten Konflikts in ihren Ämtern und führten die täglichen Funktionen der Regierung aus. Alle politischen Aktivitäten wurden ausgesetzt und das Parlament geschlossen. Während Bauern und Kohlenbergarbeiter ihren gewohnten Tätigkeiten nachgingen, stellten viele größere Unternehmen weitgehend den Betrieb ein, ebenso die Universitäten. Die Deutschen halfen, die erste ausschließlich niederländischsprachige Universität in Gent einzurichten. Die Deutschen setzten Manager ein, um Fabriken zu leiten, die unterperformten. Mangelnde Anstrengung war eine Form des passiven Widerstands; Kossmann sagt, dass für viele Belgier die Kriegsjahre „ein langweiliger und äußerst trüber Urlaub“ waren. Belgische Arbeiter wurden zur Zwangsarbeit in Arbeitsprojekten verpflichtet; bis 1918 hatten die Deutschen 120.000 belgische Arbeiter nach Deutschland deportiert.
Die deutsche Armee war empört darüber, wie Belgien den Schlieffen-Plan zur Eroberung von Paris vereitelt hatte. Von oben bis unten herrschte die feste Überzeugung, dass die Belgier illegale Saboteure (sogenannte "francs-tireurs") losgelassen und Zivilisten deutsche Soldaten gefoltert und misshandelt hätten. Als Reaktion darauf folgte eine Reihe von groß angelegten Angriffen auf Zivilisten und die Zerstörung historischer Gebäude und Kulturzentren. Die deutsche Armee führte zwischen August und November 1914 die Exekution von 5.500 bis 6.500 französischen und belgischen Zivilisten durch, meist in nahezu zufälligen, groß angelegten Erschießungen von Zivilisten, die von niedrigeren deutschen Offizieren befohlen wurden. Personen, die verdächtigt wurden, an Partisanenaktivitäten beteiligt zu sein, wurden summär erschossen. Historiker, die die Aufzeichnungen der deutschen Armee untersuchten, fanden 101 "große" Vorfälle – bei denen zehn oder mehr Zivilisten getötet wurden – mit insgesamt 4.421 Exekutionen. Historiker entdeckten auch 383 "kleinere" Vorfälle, die den Tod von weiteren 1.100 Belgiern zur Folge hatten. Fast alle dieser Vorfälle wurden von Deutschland als Reaktionen auf Guerillaangriffe dargestellt. Zudem wurden einige prominente belgische Persönlichkeiten, darunter der Politiker Adolphe Max und der Historiker Henri Pirenne, in Deutschland als Geiseln inhaftiert.
Die deutsche Position war, dass weit verbreitete Sabotage- und Guerillaausbrüche durch belgische Zivilisten völlig illegal seien und sofortige, harte Kollektivstrafen verdient hätten. Neuere Forschungen, die systematisch die Quellen der deutschen Armee untersuchten, haben jedoch gezeigt, dass sie während der ersten zweieinhalb Monate der Invasion tatsächlich keine unregelmäßigen Truppen in Belgien antrafen. Stattdessen reagierten die Deutschen auf eine Phantomangst, die sie sich selbst wahnsinnig geschaffen hatten.
Die Briten waren schnell dabei, die Welt über die deutschen Gräueltaten zu informieren. Großbritannien unterstützte das "Committee on Alleged German Outrages", bekannt als der Bryce-Bericht. Der Bericht, der im Mai 1915 veröffentlicht wurde, lieferte detaillierte Informationen und Berichte aus erster Hand, einschließlich Auszügen aus Tagebüchern und Briefen, die bei gefangenen deutschen Soldaten gefunden wurden. Der Bericht war ein wichtiger Faktor, um die öffentliche Meinung in neutralen Ländern, besonders in den Vereinigten Staaten, zu verändern. Nachdem Großbritannien 41.000 Kopien in die USA verschickt hatte, reagierten die Deutschen mit einem eigenen Bericht über Gräueltaten gegen deutsche Soldaten durch belgische Zivilisten.
Der Bryce-Bericht wurde in den 1920er- und 1930er-Jahren und später als stark übertriebene Kriegspropaganda verspottet. Er stützte sich zu sehr auf unbelegte Vorwürfe von Flüchtlingen und verzerrte Interpretationen von Tagebüchern deutscher Soldaten. Neuere Forschungen haben nicht versucht, die Aussagen im Bryce-Bericht zu validieren. Stattdessen wurde die Forschung auf die offiziellen deutschen Aufzeichnungen ausgerichtet, die bestätigten, dass die Deutschen groß angelegte, absichtliche Gräueltaten in Belgien begangen haben.
Belgien war schlecht auf den Krieg vorbereitet. Strikte Neutralität bedeutete, dass es keinerlei Koordination mit anderen Staaten gab. Es hatte einen neuen, unerfahrenen Generalstab. 1909 wurde der Wehrdienst eingeführt; der Plan war, bis 1926 eine Armee von 340.000 Mann zu haben. 1914 war das alte System aufgegeben worden und das neue war noch nicht einsatzbereit, da es an ausgebildeten Offizieren und Unteroffizieren sowie an moderner Ausrüstung mangelte. Die Armee verfügte über 102 Maschinengewehre und keine schwere Artillerie. Die Strategie bestand darin, sich in der Nähe von Brüssel zu konzentrieren und eine deutsche Invasion so lange wie möglich zu verzögern – eine Strategie, die sich in der Praxis als sehr effektiv erwies, da sie den deutschen Zeitplan durcheinanderbrachte. Zum Beispiel verlangte der deutsche Zeitplan die Eroberung des Eisenbahnknotenpunkts Lüttich in zwei Tagen; es dauerte 11.
Ein Großteil der kleinen Armee wurde zu Beginn gefangen genommen, als die Grenzfeste kapitulierten. Ende 1914 hatte der König nur noch 60.000 Soldaten. Während des Krieges meldeten sich junge Männer freiwillig, sodass 1918 die Gesamtzahl der Streitkräfte wieder auf 170.000 stieg. Das war viel zu wenig, um eine große Offensive zu starten. Die Deutschen hatten nichts zu gewinnen von einem Angriff, sodass die kurze belgische Front ein Insel der relativen Ruhe war, während anderswo an der Westfront gigantische Schlachten tobten. Die Gesamtzahl der belgischen Soldaten, die fielen, betrug etwa 2,0 % der dienstfähigen jungen Männer (verglichen mit 13,3 % in Frankreich und 12,5 % in Deutschland).
König Albert I. blieb als Oberbefehlshaber der Armee an der Yser, um die Truppen zu führen, während die belgische Regierung unter Charles de Broqueville nach Le Havre in Frankreich flüchtete.
Belgische Soldaten führten 1914 während der ersten Invasion eine Reihe bedeutender Verzögerungskämpfe. In der Schlacht von Lüttich hielten die Festungsanlagen der Stadt die Eindringlinge mehr als eine Woche lang auf, was wertvolle Zeit verschaffte, damit alliierte Truppen in die Gegend gelangen konnten. Darüber hinaus wurde der deutsche „Rennen zum Meer“ von erschöpften belgischen Truppen in der Schlacht an der Yser gestoppt. Die doppelte Bedeutung dieser Schlacht war, dass die Deutschen ihre Besetzung des gesamten Landes nicht abschließen konnten und das Gebiet an der Yser unbesetzt blieb. Der Erfolg war ein propagandistischer Sieg für Belgien.
Die belgischen Truppen hielten weiterhin denselben Abschnitt der Frontlinie, bekannt als die Yser-Front, die nun Teil der Hauptwestfront war, bis 1918. Dies war ein propagandistischer Sieg für die belgischen Streitkräfte an der Westfront während des gesamten Krieges.
Am 28. September 1918 war die belgische Armee in 12 Infanteriedivisionen umstrukturiert worden. Sie bildeten einen Teil der belgisch-französisch-britischen Armeegruppe Flandern unter dem Kommando von König Albert I. von Belgien und seinem französischen Stabschef General Jean Degoutte. Sie spielten eine wichtige Rolle in der Fünften Schlacht von Ypern, in der sie die deutschen Linien bei Houthulst durchbrachen und Passchendaele, Langemark und Zonnebeke eroberten. Nach einer Pause zwischen dem 2. und 14. Oktober nahm die belgische Armee auch an der Schlacht von Courtrai teil, in der sie Brügge und Ostende befreite. Zwischen dem 20. Oktober und dem 11. November kämpfte sie in der Schlacht an der Lys und am Escaut und erreichte bis zum 11. November die Randgebiete von Gent.
Die endgültige Offensive war für die belgische Armee sehr verlustreich. Sie verlor ein Fünftel ihrer Kräfte an Gefallenen, was ein Drittel aller Verluste ausmachte, die sie im gesamten Krieg erlitten hatte.
Großbritannien war ein wichtiger Akteur im Ersten Weltkrieg, der von 1914 bis 1918 dauerte. Britische Entscheidungsträger sahen sich im Konkurrenzkampf mit Deutschland, das die Weltherrschaft anstrebte. Großbritannien beteiligte sich vollständig am Krieg, was einen hohen Preis einbrachte. Rund eine Million Soldaten verloren ihr Leben, was mehr war als im Zweiten Weltkrieg.
Am 4. August 1914 erklärte Großbritannien Deutschland den Krieg, vier Tage nachdem Deutschland Russland den Krieg erklärt hatte. Dieser Kriegseintritt wurde von vielen Historikern als unnötig bezeichnet und als einer der größten Fehler der britischen Geschichte angesehen.
Großbritannien kämpfte im Ersten Weltkrieg auf der Seite der Triple Entente, die aus Frankreich, Russland und Großbritannien bestand, gegen die Mittelmächte, die Deutschland, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich umfassten. Die Kriegsziele Großbritanniens umfassten die Verteidigung seiner Kolonien und Interessen und die Unterstützung seiner Alliierten.
Der Erste Weltkrieg hatte auch weitreichende Auswirkungen auf die britische Gesellschaft und Wirtschaft. Während des Krieges wurde die Landwirtschaft produziert, um den Rückgang des Imports durch den deutschen U-Boot-Krieg zu kompensieren. Nach dem Krieg begann die Mechanisierung der Landwirtschaft, die von den USA inspiriert wurde.
Die Einkommensverhältnisse der Arbeiterschaft verbesserten sich während des Krieges, und der Anteil der armen Bevölkerung sank ständig. Die politische Landschaft Großbritanniens wurde durch den Ersten Weltkrieg stark beeinflusst, was zu einer Schwächung der Liberalen und einem Aufstieg der Konservativen und Labour Party führte.
In Großbritannien wurde zu Beginn des Ersten Weltkriegs in der Kriegspropaganda improvisiert. Die Regierung richtete 1914 im Wellington House ein kleines "War Propaganda Bureau" unter der Leitung von Charles Masterman (1873-1927) ein, dessen Existenz allerdings geheim blieb. Im Februar 1917 wurde es zum "Department of Information", im März 1918 zum vollwertigen Informationsministerium unter Lord Beaverbrook (1879-1964). Die englische Regierung informierte die Öffentlichkeit nur in geringem Umfang, und auch die englischen Propagandaerzeugnisse sollten den Eindruck von Unabhängigkeit und Objektivität erwecken.
Jahreschroniken
Wichtigstes Thema der Inlandspropaganda waren bis zur Einführung der Wehrpflicht 1916 die Aufrufe zur freiwilligen Meldung als Soldat, später der Kampf gegen aufkommende pazifistische Tendenzen und für die Stärkung des Durchhaltewillens der Heimatfront. Neben Broschüren, Artikeln, Plakaten und Filmen spielten auf der Insel auch Vorträge und Meetings eine große Rolle.
Die neuen Massenmedien Fotografie und Film wurden auch in Großbritannien gezielt zu Propagandazwecken eingesetzt. Die Regierung gestattete nur einer begrenzten Zahl von 16 Fotografen, an der Front "offizielle" Bilder zu machen, und nur diese standen der Presse zur Veröffentlichung zur Verfügung. Sie sollten nicht die Schrecken des Kriegs, sondern die Tugenden des einfachen Soldaten zeigen. Im Kino liefen zu Kriegsbeginn vor allem Spielfilme mit patriotisch-militärischen Themen. Hier spielten Rekrutierungsaufrufe oder die verräterischen Pläne deutscher Spione Hauptrollen. Das Interesse der Kinobesucher an solchen Filmen ließ aber bald nach. Die Wochenschauen, die ein realistisches Bild vom Krieg hätten vermitteln können, durften keine "grausamen" Szenen enthalten, und erst 1916 entstand der erste realistische Kriegs-Dokumentarfilm "The battle of the Somme", der wegen seiner ungeschönten Bilder in der Öffentlichkeit erregte Debatten heraufbeschwor. In den beiden letzten Kriegsjahren blieben offizielle Bilder von der Front eher harmlos - das Publikum wollte sich ablenken und unterhalten.
Die Stoßrichtung der britischen Propaganda war von Kriegsbeginn an antideutsch angelegt. Anfang 1915 erschien in Großbritannien der "Bryce Report", eines der einflussreichsten Schriftstücke antideutscher Propaganda. Lord Bryce (1838-1922), ein angesehener Historiker und von 1907 bis 1913 Botschafter in den USA, erhielt den Auftrag der Regierung, die Berichte über deutsche Greueltaten in Belgien zu prüfen. Das Komitee unter seiner Leitung verfasste einen Bericht, der heute zwar als das Ergebnis ungeprüfter Gerüchte und Halbwahrheiten gilt, mit seiner angeblich neutralen und objektiven Aufzählung deutscher Untaten z.B. an Zivilisten und Frauen bot er aber Material für viele Artikel und Pamphlete und entfaltete vor allem in den neutralen USA eine große Wirkung. Dass es sich bei dem Bericht um Regierungspropaganda handelte, blieb der Öffentlichkeit jedoch verborgen. Ähnlich verhielt es sich bei den mit literarischem Anspruch verfassten antideutschen Broschüren, die bekannte britische Schriftsteller, wie z.B. Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) - im Auftrag der Regierung - verfassten.
Die Bildsprache britischer Propaganda konzentrierte sich auf die Metapher des "Hunnen" als Sinnbild deutscher Brutalität und deutschen Militarismus. Der deutsche Überfall auf Belgien, die Versenkung der "Lusitania" oder die Hinrichtung der in Brüssel arbeitenden englischen Krankenschwester Edith Cavell (1865-1915), die alliierten Soldaten die Flucht aus dem besetzten Belgien ermöglicht hatte, gaben immer wieder Anlass, die Deutschen als Barbaren und Monster zu charakterisieren, die gnadenlos unschuldige Zivilisten töteten oder in einer Rüstungsfabrik Arbeiter wie Sklaven mit Peitschen antrieben.
In Großbritannien wurde zu Beginn des Ersten Weltkriegs in der Kriegspropaganda improvisiert. Die Regierung richtete 1914 im Wellington House ein kleines "War Propaganda Bureau" unter der Leitung von Charles Masterman (1873-1927) ein, dessen Existenz allerdings geheim blieb. Im Februar 1917 wurde es zum "Department of Information", im März 1918 zum vollwertigen Informationsministerium unter Lord Beaverbrook (1879-1964). Die englische Regierung informierte die Öffentlichkeit nur in geringem Umfang, und auch die englischen Propagandaerzeugnisse sollten den Eindruck von Unabhängigkeit und Objektivität erwecken.
Wichtigstes Thema der Inlandspropaganda waren bis zur Einführung der Wehrpflicht 1916 die Aufrufe zur freiwilligen Meldung als Soldat, später der Kampf gegen aufkommende pazifistische Tendenzen und für die Stärkung des Durchhaltewillens der Heimatfront. Neben Broschüren, Artikeln, Plakaten und Filmen spielten auf der Insel auch Vorträge und Meetings eine große Rolle.
Die neuen Massenmedien Fotografie und Film wurden auch in Großbritannien gezielt zu Propagandazwecken eingesetzt. Die Regierung gestattete nur einer begrenzten Zahl von 16 Fotografen, an der Front "offizielle" Bilder zu machen, und nur diese standen der Presse zur Veröffentlichung zur Verfügung. Sie sollten nicht die Schrecken des Kriegs, sondern die Tugenden des einfachen Soldaten zeigen. Im Kino liefen zu Kriegsbeginn vor allem Spielfilme mit patriotisch-militärischen Themen. Hier spielten Rekrutierungsaufrufe oder die verräterischen Pläne deutscher Spione Hauptrollen. Das Interesse der Kinobesucher an solchen Filmen ließ aber bald nach. Die Wochenschauen, die ein realistisches Bild vom Krieg hätten vermitteln können, durften keine "grausamen" Szenen enthalten, und erst 1916 entstand der erste realistische Kriegs-Dokumentarfilm "The battle of the Somme", der wegen seiner ungeschönten Bilder in der Öffentlichkeit erregte Debatten heraufbeschwor. In den beiden letzten Kriegsjahren blieben offizielle Bilder von der Front eher harmlos - das Publikum wollte sich ablenken und unterhalten.
Die Stoßrichtung der britischen Propaganda war von Kriegsbeginn an antideutsch angelegt. Anfang 1915 erschien in Großbritannien der "Bryce Report", eines der einflussreichsten Schriftstücke antideutscher Propaganda. Lord Bryce (1838-1922), ein angesehener Historiker und von 1907 bis 1913 Botschafter in den USA, erhielt den Auftrag der Regierung, die Berichte über deutsche Greueltaten in Belgien zu prüfen. Das Komitee unter seiner Leitung verfasste einen Bericht, der heute zwar als das Ergebnis ungeprüfter Gerüchte und Halbwahrheiten gilt, mit seiner angeblich neutralen und objektiven Aufzählung deutscher Untaten z.B. an Zivilisten und Frauen bot er aber Material für viele Artikel und Pamphlete und entfaltete vor allem in den neutralen USA eine große Wirkung. Dass es sich bei dem Bericht um Regierungspropaganda handelte, blieb der Öffentlichkeit jedoch verborgen. Ähnlich verhielt es sich bei den mit literarischem Anspruch verfassten antideutschen Broschüren, die bekannte britische Schriftsteller, wie z.B. Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) - im Auftrag der Regierung - verfassten.
Die Bildsprache britischer Propaganda konzentrierte sich auf die Metapher des "Hunnen" als Sinnbild deutscher Brutalität und deutschen Militarismus. Der deutsche Überfall auf Belgien, die Versenkung der "Lusitania" oder die Hinrichtung der in Brüssel arbeitenden englischen Krankenschwester Edith Cavell (1865-1915), die alliierten Soldaten die Flucht aus dem besetzten Belgien ermöglicht hatte, gaben immer wieder Anlass, die Deutschen als Barbaren und Monster zu charakterisieren, die gnadenlos unschuldige Zivilisten töteten oder in einer Rüstungsfabrik Arbeiter wie Sklaven mit Peitschen antrieben.
Das russische Reich hatte nach dem verlorenen Russisch-Japanischen Krieg von 1904/05 seine imperialistischen Bestrebungen in Asien aufgeben müssen und konzentrierte sich deshalb besonders auf den Balkan. Der Panslawismus, das Ziel, alle slawischen Völker zu vereinigen, brachte das Zarenreich zwangsläufig in einen Konflikt mit Österreich-Ungarn und dessen deutschen Verbündeten. Ebenso strebte man die Erringung eines freien Zugangs zum Mittelmeer und eines permanent eisfreien Hafens an der Ostsee an. Das an das russische Herrschaftsgebiet angrenzende Ostpreußen und ein Teil Westpreußens sollten annektiert werden. Für den Zugang zum Mittelmeer musste die Hoheit über den Bosporus gewonnen werden, was die russische Regierung zwangsweise in einen Konflikt mit dem Osmanischen Reich bringen würde, dessen weitere Existenz damit in Frage gestellt war.
Die russische Militärdoktrin erlebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Wendepunkt. Die russische Heeresführung hatte trotz der Bindung an Frankreich seit 1893 einen defensiven Standpunkt eingenommen. Es sollte hinter der Weichsel ein Verteidigungskrieg geführt werden. Die von drei Seiten durch Deutschland und Österreich-Ungarn umschlossenen und daher schwer zu verteidigenden westpolnischen Gebiete sollten vorläufig preisgegeben werden. Das änderte sich, als der russische Kriegsminister Suchomlinow im Jahre 1910 den Plan No. 19 verabschiedete. Dieser sah einen Vorstoß der Russen auf deutsches Territorium vor, um Frankreich von einem wahrscheinlichen Angriff im Zuge des Schlieffen-Plans zu entlasten. Der führende militärische Berater des Ministers Juri Danilow hatte für diesen Vorstoß Ostpreußen ausersehen, da es sowohl von Süden als auch von Nordosten angegriffen werden konnte. Sehr zur Unzufriedenheit seiner Schöpfer verhinderten die politischen und sozialen Rivalitäten innerhalb der Armee des Zaren die volle Durchsetzung des Plans.
Stattdessen trat eine Kompromisslösung in Kraft: die Aufspaltung der russischen Kräfte auf zwei Armeegruppen, jeweils eine gegen Deutschland und gegen Österreich-Ungarn. Der angepasste Plan stellte zwei Armeen für den Einmarsch auf den deutschen Gebietsvorsprung zur Verfügung. Die I. Armee (Njemen-Armee) unter General Paul von Rennenkampff sollte von der Memel vorstoßen, während die II. Armee (Narew-Armee) unter General Alexander Samsonow von Süden anmarschieren sollte. Zur gleichen Zeit sollte die Südwestfront unter Nikolai Iwanow in Galizien gegen die Donaumonarchie vorgehen.
Die gesellschaftliche Lage im Zarenreich war seit langem kritisch, der größte Teil der Menschen lebte in Armut. Die vom Zaren betriebene Autokratie sorgte für Unzufriedenheit bis in die Bürger- und Adelsschichten.
Nach dem Russisch-Japanischen Krieg und in der folgenden Rezession war es zur Russischen Revolution von 1905 gekommen. Die Intellektuellen stellten zudem
Forderungen nach größerer Freiheit. Der Zar büßte im Inland an Autorität ein und konnte einen Umsturz nur durch Zugeständnisse an die Bevölkerung verhindern (Oktobermanifest). So entstand die Duma als erste russische Volksvertretung. Sie besaß durch die Verfassung kaum effektive Einflussmöglichkeiten. Doch kam ihr durch die expandierende Presse großer propagandistischer Einfluss auf das Volk zu. Dies schränkte die Handlungsfreiheit der Regierung des Reiches immer stärker ein, da die liberalen Abgeordneten die fundamentale Gegnerschaft zum Staat salonfähig machten. Sie bereiteten in dieser Hinsicht den extrem gewalttätigen linken Gruppen der Oktoberrevolution den Boden.
Dieser Gegensatz wurde durch die reaktionäre Politik des Zaren und sein Unverständnis für eine Modernisierung der politischen Struktur noch weiter verschärft. Somit wandelte sich Russland immer mehr zu einer schwachen Autokratie mit instabiler Regierung, die ständig auf die Strömungen einer ihr feindlich gesinnten Öffentlichkeit Rücksicht nehmen musste. Zwar wurde auch in Russland 1914 eine Art Burgfrieden geschlossen, doch er währte aufgrund der militärischen Rückschläge nicht lange.
Bereits 1915 wuchs der Unmut im Parlament immer weiter, und es kam zu Spannungen in der Duma, so dass der Zar diese auflöste und Abgeordnete trotz Immunität polizeilich verfolgen ließ. Es kam während der folgenden Jahre zu Demonstrationen und Streiks im gesamten Land, bis hin zur Februarrevolution 1917.
Wie in den Vorkriegsplanungen vorgesehen, versammelte die deutsche Oberste Heeresleitung nach der Kriegserklärung an Russland (1. August) im Osten zunächst nur einen einzigen Großverband, die 8. Armee (10 1/2 Infanterie-Divisionen, 1 Kavallerie-Division) in Ostpreußen. Das Armeeoberkommando wurde von der OHL grundsätzlich auf die strategische Defensive festgelegt, gleichzeitig war ihm aber gestattet, nach Beginn des erwarteten russischen Vormarsches örtlich begrenzt offensiv zu werden, wenn günstige Aussichten – etwa im Bereich der Masurischen Seen – bestanden; außerdem erhielt es vorab die Erlaubnis, im „äußersten Notfalle (...) Preußen östlich der Weichsel“ aufzugeben.
Das österreichisch-ungarische Oberkommando bildete in Galizien die 1., 3. und 4. Armee sowie die Armeegruppe Kövess (zusammen 37 1/2 Infanterie-Divisionen und 12 Kavallerie-Divisionen), während die 5. und die 6. Armee gegen Serbien und Montenegro aufmarschierten (die gleichfalls hierfür vorgesehene 2. Armee wurde schließlich nach Galizien umdirigiert, traf aber erst nach Beginn der Operationen ein); es entschied, nach Abschluss des Aufmarsches mit der 1. und 4. Armee die im Raum Lublin-Cholm versammelten russischen Truppen anzugreifen, die restlichen Verbände sollten diesen Vorstoß durch Offensivhandlungen nach Osten und Nordosten decken. Im Rahmen dieser Konzeption spielte eine gewisse Rolle, dass Helmuth von Moltke dem österreich-ungarischen Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf
1909 einen von Ostpreußen ausgehenden, zeitlich koordinierten deutschen Vorstoß Richtung Siedlce zugesagt hatte. Irgendwelche praktischen Schritte in dieser Richtung wurden von deutscher Seite jedoch nicht unternommen; über die tatsächlichen Dispositionen und die hierfür völlig unzureichende Stärke der 8. Armee wurden die Österreicher nicht informiert, stattdessen drängte der deutsche Verbindungsoffizier im k.u.k. Hauptquartier, Hugo von Freytag-Loringhoven, Conrad wiederholt zu Offensivaktionen (zu denen dieser ohnehin neigte). Inwieweit die nicht eingehaltene Zusage für den Entschluss zum Angriff ausschlaggebend – und damit für die nachfolgende Katastrophe indirekt verantwortlich – war, wurde schon während des Krieges intern und nach dem Krieg öffentlich kontrovers diskutiert.
Eine durchgehende „Front“ im Sinne der späteren Bedeutung des Wortes bestand im Osten vor allem auf Seiten der Mittelmächte in den ersten Kriegsmonaten noch nicht. Das österreichisch-ungarische Aufmarschgebiet im Süden – für die Donaumonarchie der Hauptkriegsschauplatz – und das deutsche im Norden – in den Augen der OHL generell und gerade zu Kriegsbeginn ein Nebenkriegsschauplatz – waren weder geografisch noch operativ miteinander verbunden. Der größte Teil der deutsch-russischen Grenze – insbesondere in den Provinzen Schlesien, Posen und Westpreußen – wurde zunächst nur durch schwache Sicherungskräfte zweiten und dritten Ranges (vgl. Landwehrkorps) gedeckt. Österreich-Ungarn bot abseits des Hauptkriegsschauplatzes 2 1/2 Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division zur Deckung Krakaus auf.
Das russische Oberkommando (vgl. Stawka) unter Leitung des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch bildete eine gegen Ostpreußen gerichtete Nordwestfront (1. und 2. Armee, zu Beginn der Kämpfe 19 Infanterie- und 8 Kavallerie-Divisionen) und eine gegen Galizien gerichtete Südwestfront (3., 4., 5. und 8. Armee, zu Beginn der Kämpfe 46 Infanterie- und 18 Kavallerie-Divisionen). Außerdem begann es nach wiederholtem Drängen Großbritanniens und Frankreichs schon am 7. August mit der Aufstellung zweier weiterer Armeen (der 9. und der 10.) in Zentralpolen, mit denen Vorstöße gegen Breslau bzw. Posen unternommen werden sollten. Dafür zog es vor allem Truppen heran, die ursprünglich für die Nordwest- und die Südwestfront vorgesehen waren. Wenig günstig war zudem, dass der russische Oberbefehlshaber den Vertretern der westlichen Alliierten versichert hatte, nach Ablauf des 15. Mobilmachungstages mit beiden Fronten zu offensiven Aktionen gegen die Mittelmächte in der Lage zu sein. Großbritannien und Frankreich bestanden im kritischen Augenblick darauf, diese Zusage umzusetzen, obwohl insbesondere der Aufmarsch gegen Österreich-Ungarn zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen war.
Um das oberschlesische Industriegebiet besser abschirmen zu können, besetzten deutsche Truppen am 3. August Tschenstochau und Kalisch. Letzteres wurde – als „Vergeltung“ für angebliche Übergriffe der Zivilbevölkerung – am 7./8. August mit Artillerie beschossen und brannte zu großen Teilen nieder (Zerstörung von Kalisz). Mit dem am 17. August beginnenden Eindringen der russischen 1. Armee nach Ostpreußen setzten im Osten die Operationen von strategischer Bedeutung ein (vgl. Gefecht bei Stallupönen). Die russische 2. Armee überschritt die deutsche Grenze zwei Tage später. Nach der deutschen Niederlage bei Gumbinnen (19.–20. August) wurden der Oberbefehlshaber und der Stabschef der 8. Armee, die in einem Telefongespräch mit der OHL bezweifelt hatten, dass die Weichsellinie zu halten sein würde, abgelöst und durch Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff ersetzt. Gleichzeitig entschied Moltke, die 8. Armee durch zwei aus dem Westen abzuziehende Armeekorps zu verstärken. Noch bevor diese Truppen eintrafen, konnte die 8. Armee die russische 2. Armee in der Schlacht bei Tannenberg (23.–31. August) fast vollständig zerschlagen. Wenig später unterlag in der Schlacht an den Masurischen Seen (8.–10. September) auch die russische 1. Armee, die sich anschließend über die Grenze zurückzog.
Damit war der russische Vorstoß gegen Ostpreußen gescheitert. Eine weitere, in ihrer Zielsetzung begrenztere russische Offensive führte zwei Monate später zwar zur vorläufigen Besetzung der östlichen Teile Ostpreußens, lief sich Mitte November aber in den inzwischen stark ausgebauten deutschen Stellungen entlang der Angerapp und der Masurischen Seen fest. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Schwerpunkt der deutsch-russischen Front bereits nach Süden verlagert.
Während sich die russischen Truppen Mitte September aus Ostpreußen zurückzogen, operierten die gegen Österreich-Ungarn aufgebotenen Armeen weitaus erfolgreicher. Da die russische Südwestfront und die k.u.k. Armeen ihre offensiven Operationen fast gleichzeitig begannen, entwickelten sich in der zweiten Augusthälfte mehrere große Begegnungsschlachten, an denen hunderttausende Soldaten beteiligt waren (→ Schlacht in Galizien). Trotz der österreichischen Siege bei Kraśnik (22.–25. August) und Komarów (26.–31. August) und anfänglich aussichtsreichem Vordringen der k.u.k. Truppen südlich Lublin wendete sich schon Ende August das Blatt. Nach mehreren Niederlagen vor allem auf dem rechten Flügel (Schlacht bei Złoczów am 26./27. August, Schlacht bei Brzeżany am 26. August) und dem Verlust Lembergs (30. August) befahl Conrad seinen bereits schwer angeschlagenen Armeen eine Gegenoffensive, die in der Schlacht bei Lemberg (7.–11. September) scheiterte. Am 11. September musste das österreichisch-ungarische Oberkommando den allgemeinen Rückzug befehlen. Dieser war stellenweise von Auflösungserscheinungen begleitet; etwa 100.000 Soldaten gaben sich gefangen, erst östlich von Krakau und im Vorfeld der Karpaten kam die Absetzbewegung – begünstigt durch das zögerliche Nachrücken der ebenfalls stark geschwächten russischen Truppen – zum Stehen. Die Festung Przemyśl, in der mehrere Divisionen eingeschlossen waren, lag nun weit im russischen Hinterland (→ Belagerung von Przemyśl). Für dieses Desaster – neben den Gefangenen wurden 322.000 Tote und
Verwundete verzeichnet, zudem waren aufgrund des fluchtartigen Abrückens große Mengen Kriegsmaterial und etwa 1.000 dringend benötigte Lokomotiven verlorengegangen – machten die Wiener Regierung und das Armeeoberkommando in erster Linie die „arglistige Täuschung“ durch ihren Bundesgenossen verantwortlich.
Für den Fall, dass weiterhin Maßnahmen zur Unterstützung der österreichisch-ungarischen Kriegführung ausblieben, wurde der deutschen Seite – der Conrad am 5. September vorwarf, seine Truppen „im Stich gelassen“ und stattdessen lieber die „Gestüte in Trakehnen und die Hirschjagden in Rominten“[31] geschützt zu haben – indirekt mit einem Sonderfrieden gedroht. Die OHL war allerdings ohnehin zum Handeln gezwungen, da sich durch den russischen Aufmarsch in Zentralpolen nun eine ernste Bedrohung der preußischen Provinzen Schlesien und Posen abzeichnete. Sie bildete aus Teilen der 8. Armee, Reserven und Zuführungen aus dem Westen in Oberschlesien die neue 9. Armee, die zusammen mit der österreich-ungarischen 1. Armee gegen Warschau und Iwangorod vorgehen sollte. Dieser Vorstoß begann am 28. September und gipfelte in der Schlacht an der Weichsel, in der die deutsch-österreichische auf die am 5. Oktober begonnene russische Offensivbewegung traf. Anfang Oktober begannen auch die österreich-ungarischen Armeen in Galizien eine Offensive, die anfänglich erfolgreich war und vorübergehend zur Aufhebung der Einschließung Przemyśls führte. Bis Ende Oktober waren jedoch beide Angriffsoperationen vollständig gescheitert, die Kriegführung der Mittelmächte geriet erneut in eine schwere Krise.
Zur besseren Koordination der deutschen Operationen im Osten wurde am 1. November eine neue Kommandobehörde gebildet (Oberbefehlshaber Ost, kurz Ober Ost oder Oberost), an deren Spitze Hindenburg und Ludendorff berufen wurden. Ihr wurden neben der 8. und 9. Armee alle deutschen Verbände und militärischen Dienststellen in den Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Posen und Schlesien unterstellt. Oberost agierte von Beginn an „fast unbeschränkt selbständig“ und entwickelte sich bald zu einem militärisch-politischen Zentrum der Verfechter einer besonders aggressiven und weitreichenden deutschen Kriegführung und Kriegszielplanung. Hindenburg und Ludendorff entschlossen sich nach dem Erlahmen der russischen Offensive, aus dem Raum Hohensalza-Thorn heraus einen riskanten Vorstoß in die Flanke der russischen Südwestfront zu führen. Dazu verlegten sie per Eisenbahn binnen weniger Tage die Masse der 9. Armee nach Norden. Der für die russische Seite völlig überraschende Angriff begann am 11. November und führte nach wechselvollen Kämpfen (→ Schlacht um Łódź) zur deutschen Besetzung von Łódź (6. Dezember).
Während und nach dieser Operation entwickelte sich die erste einer Reihe von schweren Auseinandersetzungen zwischen Oberost und der neuen OHL um Erich von Falkenhayn. Hindenburg, Ludendorff und deren wichtigster Mitarbeiter Max Hoffmann warfen Falkenhayn vor, durch die Verweigerung weiterer Truppenzuführungen und die
Fortsetzung der deutschen Angriffe im Westen (→ Erste Flandernschlacht) eine kriegsentscheidende Niederlage Russlands verhindert zu haben. Falkenhayn bewertete die Situation dagegen weitaus zurückhaltender und hielt allenfalls ein Zurückdrängen der russischen Truppen auf Warschau für möglich. Unterdessen errangen österreich-ungarische Truppen in der Schlacht bei Limanowa–Lapanow (5.–15. Dezember) einen Sieg gegen auf Krakau vorstoßende russische Truppen und warfen diese auf Gorlice und hinter den Dunajec zurück. Ein deutscher Vorstoß in Nordpolen kam in der zweiten Dezemberhälfte an der Rawka zum Stehen. Damit war am Jahresende auch im Osten eine durchgehende, aber bei weitem nicht so stark wie im Westen ausgebaute Stellungsfront entstanden, die im Norden am Kurischen Haff begann, östlich Tilsit, Gumbinnen, Lötzen und Johannisburg Ostpreußen von Nord nach Süd durchzog, in Russisch-Polen scharf nach Südwesten abbog, sich bei Płock wieder nach Süden wandte, nordwestlich von Tarnów österreichisches Territorium erreichte, in südöstlicher Richtung quer durch die Karpaten führte und schließlich südlich des von russischen Truppen besetzten Czernowitz auf die rumänische Grenze traf.
Die operativen Anfangsplanungen Russlands und Österreich-Ungarns waren am Jahresende gescheitert, während die deutsche Seite ihr zu Kriegsbeginn formuliertes Hauptziel – die defensive Behauptung der deutschen Ostgebiete – fast vollumfänglich erreicht hatte. Das verbündete österreichisch-ungarische Heer hatte indes Schläge hinnehmen müssen, von denen es sich in der Folge nie wieder ganz erholte. Bis Ende 1914 hatte es an Toten, Verwundeten, Kranken, Gefangenen und Vermissten 1,269 Millionen Mann verloren, davon etwa eine Million Mann an der russischen Front.
Diese Ausfälle konnten mit Anstrengungen zwar quantitativ, aber nicht qualitativ – sie hatten insbesondere die Linienregimenter der Vorkriegszeit getroffen – ersetzt werden. Mit Ostgalizien und der Bukowina waren fruchtbare Agrargebiete und wichtige Ölfelder verlorengegangen. Nur die alles andere als gesicherte Verteidigung der Karpatenpässe hielt die russischen Truppen noch von einem Vorstoß in die ungarische Tiefebene ab (→ Winterschlacht in den Karpaten).
Die militärische und politische Abhängigkeit der k.u.k. Monarchie von Deutschland hatte sich so bis zum Jahresende weiter verstärkt, während parallel der Einfluss der Entente auf die Haltung Italiens und Rumäniens gegenüber dem geschwächten Österreich-Ungarn stark zugenommen hatte. Da durch die entstandene Lage die reale Gefahr einer vollständigen Niederlage der Donaumonarchie bestand, sah sich die OHL gezwungen, 1915 wesentlich stärkere Kräfte als bislang im Osten zu konzentrieren und im Westen insgesamt defensiv zu bleiben.
Das Jahr 1914 hatte für die Mittelmächte eine prekäre Lage hinterlassen. Zwar waren die Angriffe der Nordwestfront gegen Ostpreußen abgewehrt worden. Die zweite russische Heeresgliederung, die Südwestfront unter Nikolai Iwanow hatte allerdings gegen
Österreich-Ungarn einen Sieg errungen. Aufgrund von Querelen innerhalb der Führung und des veralteten taktischen Niveaus der k.u.k. Armee war es den Russen gelungen, fast ganz Galizien zu erobern und in die Karpaten vorzudringen. Damit stand die Donaumonarchie vor einer ernsthaften strategischen Bedrohung, da die Streitkräfte des Zaren mit einem Stoß durch die Karpaten in die Ungarische Tiefebene eindringen konnten.
Am deutschen Frontabschnitt ergab sich allerdings nach den Siegen von 1914 eine weitere Entlastung. Die Nordwestfront der Russen unter General Nikolai Russki plante einen neuen Vorstoß nach Ostpreußen. Zwar war man durch die Verluste des Vorjahrs geschwächt und hatte nur noch eine einsatzfähige Armee an der deutschen Grenze postiert. Dank der großen Reserven an Menschen und Material wollte Russki allerdings im Süden der deutschen Provinz eine neue Armee aufstellen. Mit diesen Kräften sollte analog zu dem Vorgehen, das zum deutschen Sieg in Tannenberg geführt hatte, ein Doppelschlag gegen Königsberg geführt werden. Die deutschen Truppen wurden aber durch eine neu aufgestellte Armee verstärkt und konnten nun mit zwei Armeen die noch verbliebene russische Armee unter Thadeus von Sievers an ihren Flanken angreifen und sie über einhundert Kilometer zurückschlagen (→ Winterschlacht in Masuren). Die neue russische Armee war bis zum Ende der Schlacht noch nicht einsatzfähig und griff nicht in die Gefechte ein. Durch diesen Erfolg hatte das deutsche Führungsduo Hindenburg und Ludendorff einen breiten Puffer gegen das Zarenreich geschaffen und die sieben Monate lange Gefährdung Ostpreußens durch russische Angriffe gebannt. Ein Zusammenbrechen der russischen Front konnte allerdings nicht erreicht werden, ebenso wenig ein Erfolg in Polen.
Der österreichische Heeresbefehlshaber Conrad von Hötzendorf begegnete der Gefahr für Ungarn im Dezember 1914 und befahl eine Offensive in den Bergen nördlich des magyarischen Kernlands. Diese Winterschlacht in den Karpaten brach jedoch bis zum März 1915 zusammen. Aufgrund der winterlichen Witterung und der starken Verteidigung ihrer Gegner verlor die k.u.k. Armee über 300.000 Soldaten.
Diese Verluste wogen für Österreich-Ungarn doppelt schwer. In der Vorkriegszeit waren wegen finanzieller Erwägungen nur 20–25 % der Dienstpflichigen überhaupt in die Armee eingezogen worden. Davon erhielt auch nur ein Zehntel die vollständige militärische Ausbildung. Somit konnte die Armee nur auf unzureichend ausgebildete Reserven zurückgreifen, um ihre Verluste zu ersetzen.
Analog zu den Mannschaften erwiesen sich die hohen Verluste an Offizieren als weiteres fatales Minus für die Kampfkraft des Heeres. Die altgedienten Offiziere wurden durch rasch ausgebildete Neulinge ersetzt. Diese neue Generation militärischen Führungspersonals war oft unfähig, die ethnisch heterogenen Truppen zu führen. Daraus folgte langfristig eine Entfremdung der slawischen Soldaten von ihren
Befehlshabern. Nach dem von Conrad von Hötzendorf propagierten Befreiungsschlag stand Österreich vor dem Kollaps, die eigene Armee war demoralisiert und geschwächt, und die Russen standen weit im Reichsgebiet. Tatsächlich sollte die Winteroffensive in den Karpaten die letzte selbstständige Operation der k.u.k.-Streitkräfte werden. Von diesem Zeitpunkt an wurde die österreichische Armee immer mehr zum Juniorpartner ihres deutschen Verbündeten. Durch eine immer stärker werdende Verzahnung mit deutschem Führungspersonal sollte die militärische Kraft des Habsburgerstaats erhalten bleiben. Dies begann durch Hinzuziehung deutscher Truppen und deutschen Stabspersonals und setzte sich bis zum Kriegsende sogar, wenn auch in geringerem Ausmaß, bis zum Einsatz deutscher Unteroffiziere fort.
Bereits im Januar 1915 wandte sich General Ludendorff an den Befehlshaber der Obersten Heeresleitung, Erich von Falkenhayn und forderte ein deutsches Eingreifen, um den Zusammenbruch des Verbündeten zu verhindern. Ludendorff schlug eine doppelte Umfassung über den Bereich der ganzen Ostfront vor, bei dem die Österreicher von Südwesten und die Deutschen von Nordwesten die russischen Truppen in Polen in einem mehrere hundert Kilometer tiefen Kessel einschließen sollten. Falkenhayn befand diesen Plan als zu unsicher und wollte dafür keine Truppen von der Westfront abziehen. Er favorisierte einen Plan, den Conrad von Hötzendorf aufgestellt hatte. Das Ziel des Angriffs sollte eine Schwachstelle in der III. Armee der russischen Südwestfront in Südgalizien sein. An diesem schwach verteidigten Frontabschnitt wollte der österreichische Heereschef eine möglichst große zahlenmäßige Überlegenheit konzentrieren, um einen Durchbruch zu erzielen. Diese klassische Planung clausewitzschen Typs hieß Falkenhayn gut, er bezweifelte nur die Fähigkeit der Österreicher, sie auch durchzuführen. Zur Unterstützung der Donaumonarchie entsandte er die 11. Armee unter August von Mackensen, wodurch das Deutsche Reich zahlenmäßig den Hauptteil der Kräfte für die Operation stellte. Das Unternehmen ging als Schlacht von Gorlice-Tarnów in die Geschichte ein und brachte die Wende an der Ostfront. Die russische Front brach infolge des deutschen Durchbruchs zusammen und die russische Armee musste Polen vollkommen räumen, bevor sie wieder aus ihrer Desorganisation fand.
Nach der Katastrophe bei Gorlice-Tarnów zog sich das Heer des Zaren zunächst an den Fluss San zurück, doch auch diese Stellungen konnten nicht gehalten werden. Die russische Armee musste ganz Polen räumen, da es der Stawka unmöglich war, die Verluste auszugleichen und die Frontlinie zu konsolidieren. Dieses Manöver in Richtung des Landesinneren ging als „Großer Rückzug“ in die russische Geschichte ein und gab bis zum Herbst 1915 große Teile der westlichen Grenzgebiete den Mittelmächten preis. Das russische Oberkommando machte für die Verluste des Kriegsjahrs den Mangel an Artilleriemunition verantwortlich (die sogenannte Munitionskrise betraf allerdings alle
kriegführenden Parteien 1915). In der Produktion zeigten sich große Schwächen: Die Munitionsbeschaffung im Zarenreich war problematisch, das Vertrauen des Militärs in die eigene Industrie gering und die Bereitschaft zu Investitionen in die Betriebe bis 1916 unterentwickelt. Dies war auch teilweise begründet, da die russische Privatwirtschaft im Vergleich zu Staatsbetrieben oder dem Ausland teuer produzierte. Der Ausweg, den das Kriegsministerium versuchte, ließ aber die Munitionsversorgung vollkommen zusammenbrechen. Der russische Geschossbedarf sollte zu knapp 50 % aus Großbritannien und den USA gedeckt werden. Da die beauftragten Firmen damit voll ausgelastet waren, die Bedürfnisse der Westmächte zu decken, wurde bis zum Sommer 1916 nur 12 % der verlangten Stückzahlen geliefert. Doch selbst die angelieferten Rüstungsgüter konnten aufgrund der unzureichenden Infrastruktur erst spät genutzt werden. Ein Umdenken im Kriegsministerium und im Großen Hauptquartier erfolgte im Winter 1915. Bereits im folgenden Jahr konnte die russische Armee ihre Munitionsproduktion um den Faktor 2,5 steigern und ihren Bedarf ohne die mangelhafte Hilfe der Verbündeten decken. Der Preis hierfür waren allerdings hohe Kaufpreise. Dies führte zu einer enormen Staatsverschuldung und damit einem weiteren Anheizen der kriegsbedingten Inflation.
Der katastrophale Verlauf des Kriegsjahrs 1915 mit dem Verlust großer Gebiete und dem Verlust von 3 Millionen Soldaten, darunter 300.000 Gefallenen löste in Russland eine innenpolitische Krise aus. Der Kriegsminister Wladimir Suchomlinow wurde in der Presse des Landesverrats bezichtigt und wurde im Juni 1915 durch Alexei Poliwanow ersetzt. Im August 1915 setzte der Zar Großfürst Nikolai Nikolajewitsch als Oberbefehlshaber des russischen Heeres ab und übernahm diesen Posten formal selbst. Ebenso tauschte der Zar den Generalstabschef Nikolai Januschkewitsch durch Michail Alexejew.
Nachdem die deutschen Truppen große Gebiete im Osten erobert hatten, wurde das Militärverwaltungsgebiet Ober Ost unter Leitung des Oberbefehlshabers der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten gegründet. Die deutsche Militäradministration umfasste Teile des heutigen Polen, Litauen und Lettland. Dieses Gebiet wurde unter dem Einfluss Ludendorffs zu einem Modell für die deutsche Besatzungspolitik ausgebaut. Die endgültige politische Zielsetzung in den betroffenen Gebieten blieb jedoch aufgrund widerstreitender Interessen innerhalb Deutschlands, aber auch gegenüber Österreich-Ungarn, unklar. Primäres Interesse der deutschen Stellen war die ökonomische Kontrolle der Region mit dem Ziel der Ausbeutung der landwirtschaftlichen Ressourcen, um die Auswirkungen der britischen Seeblockade in Deutschland abzumildern. Im Zuge der Kriegswirtschaft wurden sämtliche ökonomische Aktivitäten und auch das Transportwesen unter Aufsicht deutscher Militärbehörden gestellt und ein System der Zwangsrequirierung von Arbeitskräften, Ressourcen und Erzeugnissen wurde in die
Wege geleitet. Das Gebiet sollte allerdings auch kulturell unter deutsche Oberhoheit fallen. Hierzu wurde eine Erschwerung der Hochschulbildung im Baltikum für nichtdeutsche Einheimische veranlasst, um eine gebildete Elite und somit eine mögliche Keimzelle einer Autonomie gar nicht erst aufkommen zu lassen. Ebenso sorgte eine weitgehende Buch- und Zeitungszensur dafür, dass jede antideutsche Stimme in der öffentlichen Meinung unterdrückt wurde. Das Schulsystem wurde einem deutschen Kulturprogramm unterworfen. Die unterschiedlichen politischen Zielsetzungen in diesem Gebiet reichten von einer Eingliederung von kleineren polnischen Grenzgebieten (entlang dem Fluss Warthe) und der Gründung von monarchischen Satellitenstaaten (mit deutschen Adeligen an der Staatsspitze) bis zur völligen Annexion weiter Gebiete und deren vollständiger Eingliederung in das Deutsche Reich. Aufgrund dieser Gegensätze war die deutsche Besatzungspolitik im Bereich von Ober Ost nicht einheitlich und wandelte sich auch stetig mit der Veränderung der politischen und militärischen Lage.
Das Kriegsjahr 1916 brachte für die russische Militärführung eine Erholung. Die Munitionskrise war durch Steigerung der Eigenproduktion überwunden worden, und somit sah das russische Große Hauptquartier die Armee wieder als aktionsfähig an. Die alte Elite der zaristischen Armee hatte allein den Mangel an schwerer Artillerie und an Geschossen für die schweren Niederlagen der ersten beiden Kriegsjahre verantwortlich gemacht. Eine eingehende Analyse der veralteten Taktiken fand nicht statt. Dies wurde dadurch begünstigt, dass die meist adligen hohen Offiziere überaltert waren und sich auch sozial von ihren meist kleinbürgerlichen Truppenführern abschlossen. Weite Teile der russischen Stäbe schafften es den ganzen Krieg über nicht, sich über das Niveau der Militärtheorien der Vorkriegszeit zu erheben. Infolgedessen wurde im Frühjahr 1916 an der Nordwestfront im Gebiet von Belarus eine den alten Konventionen entsprechende Offensive geplant. Diese Schlacht am Naratsch-See wurde mit mehr als einhunderttausend Mann Verlusten zu einem Debakel. Daraus resultierte eine teilweise psychologische Lähmung der russischen Heeresführung. Sogar der Oberkommandierende Alexejew zweifelte am Sinn irgendeiner neuen Offensivoperation. Nachdem man die ersten zwei Jahre in den hohen Stellen materielle Probleme vorgeschoben hatte, erzielte man mit einer Überlegenheit an Mensch und Material auch nur desaströse Ergebnisse. Damit stellte die Schlacht am Naratsch-See eine bedeutende Zäsur des Krieges dar. Sie war die letzte aktive Operation der alten Militärelite. Die betreffenden Offiziere wurden zwar nicht abgesetzt, aber sie glaubten nicht mehr an den Sinn einer Offensive und zeigten auch keine Neigung mehr, solche Unternehmen zu starten.
Während ein großer Teil des Generalstabs resigniert sämtliche Fehler auf den einfachen Soldaten abwälzte, gab es allerdings doch taktische Neuentwicklungen in der
russischen Armee. Alexei Brussilow hatte bereits in den vorherigen Kriegsjahren ein neues Konzept entwickelt. Die alte Taktik sah vor, an eng begrenzten Abschnitten möglichst viele Kräfte zu konzentrieren und nach einem langen Artillerieangriff die Infanterie im Sturm auf die feindlichen Stellungen zu jagen. Dies führte zu großen Verlusten, ohne entscheidende Erfolge zu erzielen. Brussilow schaffte es, eine erfolgreichere Taktik auszuarbeiten. Einerseits schlug er den Angriff in einem mehrere hundert Kilometer langen Frontabschnitt aus mehreren Richtungen vor. Dadurch sollte der Gegner an einer schnellen und planvollen Verteilung seiner Reserven gehindert werden. Andererseits sollte man die Strecke, die die Infanterie zurücklegen musste, möglichst kurz halten. Hatten die russischen Schützen bis zur Naratsch-Schlacht fast einen Kilometer zurückzulegen, so ließ Brussilow die Gräben so nah wie möglich an die feindlichen Stellungen herantreiben. Durch diese Form der Schocktaktik gelang Brussilow die erste siegreiche Offensivoperation der zaristischen Armee seit 1914. Seine Brussilow-Offensive stürzte die Mittelmächte in eine zeitweilige Krise. Nach den ersten Erfolgen ging man allerdings wieder zu konservativen Taktiken über, was die Verluste auf russischer Seite in die Höhe trieb. Zwar standen im Winter 1916 russische Soldaten wieder an den Karpaten, dennoch war ein nachhaltiges Umschwenken auf die Schocktaktik nicht vollzogen worden. Dies wurde insbesondere dadurch begünstigt, dass weite Teile der Militärführung die Operation geringschätzten, da sie im Frontabschnitt der k.u.k. Armee durchgeführt wurde.
Während die Militärs des Zarenreichs neue Wege beschritten, bemühte sich die politische Führung Russlands ebenfalls, die Situation zu verbessern. Im ganzen Verlauf des Weltkrieges versuchten die jeweiligen Großmächte, kleinere Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Der Kriegseintritt Bulgariens auf Seiten der Mittelmächte stellte einen solchen gelungenen Versuch dar. Die russischen Politiker sahen in Rumänien das mögliche Zünglein an der Waage, um den Krieg zu Gunsten Russlands zu wenden. Nach der Planung der russischen Regierung sollten die Rumänen eine Offensive gegen Österreich-Ungarn starten und somit Deutschlands engsten Verbündeten ausschalten. Diese sehr optimistischen Erwartungen konnten in der Realität nicht eingelöst werden. Die rumänischen Streitkräfte waren zwar zahlenmäßig stark, aber vergleichsweise schwach gerüstet und mangelhaft geführt. Der in Russland bejubelte Kriegseintritt Rumäniens geriet zum Debakel. Die rumänische Armee drang zwar im Spätsommer 1916 in Siebenbürgen ein, wurde aber durch die Gegenoffensive der Donau-Armee (Heeresgruppe Mackensen) und der 9. Armee (General Erich von Falkenhayn) seit dem Herbst rasch zurückgedrängt. Dabei setzten die Deutschen auch ihre Kavallerie ein, bis gegen Jahresende die meisten berittenen Divisionen wegen Pferdeknappheit aufgelöst oder in Schützendivisionen umgewandelt wurden. Bereits Anfang Dezember 1916 fiel Bukarest. Bis zum Ende 1916 gelang es den Mittelmächten, fast das gesamte Staatsgebiet unter ihre Kontrolle zu bringen. Somit trat das ein, was der russische Stabschef Alexejew befürchtet hatte. Durch die Schwäche Rumäniens war
nun Südrussland von den Mittelmächten bedroht. Die Intervention an der rumänischen Front stärkte Russland also nicht, denn die Truppenverlegungen dorthin schwächten den Schwerpunkt der Ostfront in Galizien und Wolhynien.
Im September 1916 erreichte das deutsche Reich vom immer abhängiger werdenden Österreich-Ungarn die Zusammenlegung der Befehlsgewalt der Mittelmächte in einer gemeinsamen Obersten Heeresleitung (dritte OHL), in der der deutsche Kaiser endgültiger Entscheider war. Die österreichische politische Führung setzte dies durch Erlass des Kaisers gegen den Widerstand ihrer militärischen Führer (deren oberster Chef Conrad von Hötzendorff war) durch. Die deutsche Seite fürchtete einen Zusammenbruch der Donaumonarchie und wollte den außenpolitischen Spielraum des Bündnispartners für einen Separatfrieden verkleinern.
Zu Beginn des dritten Kriegsjahres herrschte in den Militärkreisen des Zarenreichs keineswegs Katastrophenstimmung. Man war im Gegenteil davon überzeugt, mit neuen Anstrengungen die Gesamtlage im Weltkrieg zu beeinflussen. Doch bis zum Start neuer Unternehmen war Russland schon im revolutionären Strudel versunken. Der Zusammenbruch der Versorgung der Bevölkerung schob weiteren Aktionen der zaristischen Militärführung einen Riegel vor.
Ökonomischer Zusammenbruch Russlands
Das Jahr 1917 brachte für Russland das Ausscheiden aus dem Krieg. Man hatte zwar durch die Kampfhandlungen große Verluste an Menschen und Territorium hinnehmen müssen, doch war die militärische Lage nicht ausschlaggebend für den Zusammenbruch des Zarenreichs. Der Vielvölkerstaat litt mehr unter den wirtschaftlichen Verwerfungen, die der Krieg über das Land gebracht hatte. Dies beeinträchtigte die Moral der Bevölkerung derart, dass das politische Gefüge der dynastischen Monarchie durch die Februarrevolution hinweggefegt wurde. Da aber auch die liberale Regierung unter Kerenski den Krieg nicht abbrechen wollte und die Lage der Bevölkerung nicht bessern konnte, folgte der kommunistische Umsturz der Bolschewiken. Der Zusammenbruch offenbarte sich in einer Krise der Nahrungsversorgung, sowohl in der Armee als auch in den Städten. Dies demoralisierte die Streitkräfte, die in den Wirren des Umbruchs weitgehend passiv blieben und trieb die Arbeiterschaft der urbanen Zentren auf die Barrikaden.
Ein wesentlicher Faktor für den Zusammenbruch des russischen Kapitalismus war der Zusammenbruch des Finanzsystems durch Inflation. Aufgrund der Kriegsanstrengungen musste die Regierung enorme Summen aufbringen, um die Streitkräfte auszubauen und zu unterhalten. Der kritische Punkt war, dieses ausgegebene Geld dem Staatshaushalt wieder in irgendeiner Weise zuzuführen. Dafür reichte das normale russische
Steuersystem, das sich vor allem auf indirekte Steuern und Einkünfte aus staatlichen Monopolen deckte, nicht aus. Da sich der Staatsapparat dem politischen Druck nach weiterer indirekter Besteuerung und den administrativen Problemen direkter Steuern nicht gewachsen fühlte, fiel ein Ausbau des bestehenden Systems aus. Die Lösung hierbei sah man in einer breit angelegten Kampagne für Kriegsanleihen. Diese sollten den Bürgern durch die Gewährung einer fixen Rendite einen Anreiz geben, in den bevorstehenden Sieg des Zarenreichs zu investieren. Im Laufe des Krieges wurden insgesamt sechs Anleihen ausgegeben, sie scheiterten allerdings an der geringen Nachfrage. Die Inflation durch ein System von Anleihen zu festen Zinssätzen zu bekämpfen, war sinnlos, da für einen Anleger in Zeiten rasanter Geldentwertung diese Anleihen keinen Profit bieten konnten. Somit blieb der russischen Regierung nur ein Ausweg, um den Staatsbankrott zu vermeiden, nämlich die Notenpresse anzuwerfen und den Staat durch neu generiertes Papiergeld zu finanzieren. Dies führte zu einem Anstieg der Gesamtgeldmenge um mehr als 800 %, was schließlich die Inflation mit ihren destabilisierenden Auswirkungen auf die Wirtschaft noch weiter förderte.
Eine weitverbreitete Legende über das Ende des russischen Reiches bildet der Ansatz, dass die Nahrungsproduktion aufgrund der Massenrekrutierung von Bauern und Knechten zurückging und somit die Revolution auslöste. Nach Schätzungen der Regierung war allerdings die für die Agrarwirtschaft nicht benötigte Bevölkerung in ländlichen Gebieten auf 22 Millionen im Jahre 1913 beziffert worden, und die zaristische Armee hatte während der ersten drei Kriegsjahre erst 17 Millionen Soldaten an die Front gerufen.
Nach diesen Produktionszahlen hatte die russische Kriegswirtschaft, trotz ihrer Verluste an Mensch und Anbaufläche, einen Überschuss erwirtschaftet. Demnach herrschte weniger ein Produktions- als vielmehr ein Verteilungsproblem. Die Struktur der landwirtschaftlichen Produktion hatte sich durch die drei Kriegsjahre mehr und mehr verändert. Die größten Landsitze, die in der Vorkriegszeit 25 % der Ernte bestritten hatten, waren aus der Produktion fast gänzlich ausgeschieden. Aufgrund der rasanten Inflation und der Verteuerung der Arbeit durch den Ausbau der Kriegsindustrie wurde für die Betreiber von Latifundien der Getreideanbau unrentabel. Dieses Land wurde daher an Kleinbauern verpachtet. Das System von kleinen Familienhöfen arbeitete zwar in der Produktion hervorragend, doch fehlten ihm die Anreize zum Verkauf seiner Produkte in die Städte. Während der Grundbesitzer direkt zu den Märkten der Städte Zugriff hatte, musste sich der gewöhnliche Bauer diesen erst über eine Linie von Zwischenhändlern verschaffen, was seinen Gewinn schmälerte. Falls der Landwirt seine Waren dennoch absetzte, bekam er dafür nur wenig attraktive Gegenleistungen. Der Bedarf der Armee resultierte zudem in einem astronomischen Preisanstieg für sämtliche industriell gefertigten Produkte. Textilien verteuerten sich im Vergleich zu 1913 um
300 %, Eisenwaren um bis zu 1000 %. Somit wurden von der Ernte des Jahres 1917 nur noch 15 % des Getreides, statt der in der Vorkriegszeit üblichen 25 %, auf den freien Markt geworfen. Da sich der Bedarf der Städte durch die Flüchtlinge aus den von den Deutschen besetzten Gebieten erhöht hatte, führte dies zu den katastrophalen Unterversorgungen des letzten russischen Kriegsjahrs.
Die immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Bedingungen trafen die Bevölkerung hart. Der Krieg hatte hohe Verluste an Menschen gefordert und der größte Teil der Bevölkerung lehnte diesen mittlerweile ab. Die Inflation ließ die Reallöhne sinken. Es kam häufiger zu Streiks und Aufständen. Zar Nikolaus II., der sich voll auf das Kriegsgeschehen konzentrierte und die Politik seiner Frau Alexandra Feodorowna überließ, verweigerte jegliche politische Liberalisierung. Zahlreiche Minister, die bereit waren, der Duma und dem Volk Zugeständnisse zu machen, wurden entlassen. Dies sorgte auch in bürgerlichen Kreisen für Verärgerung und schwächte die Autorität des Zaren weiter.
Der harte Winter 1916/17 verschlimmerte die Versorgungslage der Bevölkerung. Der Staat versuchte, diese durch Zwangseintreibungen und neue Wirtschaftsplanungen zu verbessern. Viele Industriearbeiter widersetzten sich dem; Streiks und Unruhen breiteten sich aus. Am 18. Februar / 3. März 1917 kam es zu einem Massenaufruhr. Der Zar erließ einen Schießbefehl, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Die Soldaten schlossen sich aber den Demonstranten an und versorgten diese mit Waffen. Den Demonstranten in Petrograd gelang es, die Macht zu übernehmen. Dies sorgte für ähnliche Vorfälle in anderen großen russischen Städten, wie Moskau. Am 22. Februar / 7. März 1917 schloss sich die Duma der Revolution an und ernannte gegen den Auflösungsbefehl des Zaren ein provisorisches Komitee. Nikolaus II. wollte nun Fronttruppen in Richtung Petrograd vorrücken lassen. Die Armeeführung drängte den Zaren jedoch zum Rücktritt, damit eine Weiterführung des Krieges möglich blieb und die Revolution nicht auf die Feldtruppen übergriff.
Das nun entstandene Machtvakuum wurde sowohl von zahlreichen Arbeiter- und Soldatenräten als auch von der Duma beansprucht. Die Duma war hauptsächlich von bürgerlichen und liberalen Kräften geprägt, während die Sowjets (Räte) unterschiedlich stark von Menschewiki und Bolschewiki geprägt wurden. Von der Duma wurde am 10. März / 23. März 1917 eine provisorische Regierung unter Georgi Lwow ernannt, die parallel zu den Räten agierte.
Lenin, der Anführer der Bolschewiki, wurde von der deutschen Heeresleitung aus seinem Exil in der Schweiz mit einem Zug nach Petrograd transportiert. Gerüchteweise erhielt er sogar 40 Millionen Goldmark Unterstützung. Das Deutsche Reich erhoffte sich von Lenin und den Bolschewiki, die den Krieg bereits 1914 ablehnten, einen Separatfrieden. In Petrograd verfasste Lenin am 4. April / 17. April 1917. die Aprilthesen,
die neben der Forderung einer Revolution durch die Bolschewiki auch die Forderung der sofortigen Beendigung des Krieges enthielten. Dies sollte in einem Frieden ohne Annexionen und Kontributionen geschehen.
Die Regierung, die an ihren Kriegszielen festhielt, veranlasste durch ihren Kriegs- und Marineminister Alexander Fjodorowitsch Kerenski die Kerenski-Offensive, die jedoch relativ schnell zusammenbrach. Immer häufiger kam es nun an der Front zu Fahnenflucht und informellen Waffenstillständen. Ein Putschversuch im Juli gegen die Regierung unter Lwow wurde zwar abgewehrt und Kerenski wurde Regierungschef. Dennoch beruhigte sich die Lage nicht mehr.
Die Bolschewiki gewannen immer weiter an Macht, da die Menschewiki und die provisorische Regierung es nicht schafften, die Situation der Menschen wesentlich zu verbessern. So gelang es den Bolschewiki, die Macht in den Moskauer und Petrograder Sowjets an sich zu ziehen. Leo Trotzki wurde Vorsitzender des Petrograder Militärischen Revolutionskomitees. Die Anführer der Bolschewiki bereiteten die Revolution vor und Anhänger der Bolschewiki bewaffneten sich. Am 22. Oktober übernahm das Revolutionskomitee unter Trotzki die Garnison. In der Nacht zum 25. Oktober kam es zur sogenannten Oktoberrevolution, in der die Bolschewiki strategische Punkte in Petrograd besetzten und das Winterpalais, das als Sitz der provisorischen Regierung gedient hatte, stürmten. Daraufhin übernahmen die Bolschewiki die gesamte Regierungsgewalt.
Am 9. November / 22. November 1917 wandte sich Lenin mit dem Funkspruch an alle an die russischen Truppen mit der Forderung, provisorische Waffenstillstände mit den Mittelmächten auszuhandeln, da der Oberkommandierende der russischen Truppen, General Nikolai Duchonin, sich weigerte, in Waffenstillstandsverhandlungen mit den Mittelmächten einzutreten.
In der Folge der Machtergreifung durch die Bolschewiki kam es zum Russischen Bürgerkrieg, in dem auch die Entente Truppen auf russischem Gebiet anlandeten, um die Weiße Armee im Kampf gegen die Kommunisten zu unterstützen. 2.500 Briten, 1.500 Franzosen und 1.500 Italiener nahmen an den Kämpfen teil. 70.000 Japaner und 8.000 US-Soldaten landeten im russischen Fernen Osten. Frankreich stationierte in Odessa einen Flottenverband, der aber zurückgezogen wurde, nachdem es unter den Matrosen zu einem Aufstand gekommen war.
Nachdem bereits am 5. Dezember 1917 eine Waffenruhe auf zehn Tage und am 15. Dezember ein längerfristiger Waffenstillstand zwischen Sowjetrussland und den Mittelmächten vereinbart worden war, diktierten letztere nach langwierigen, von der russischen Delegation am 10. Februar zunächst abgebrochenen Verhandlungen Anfang März 1918 im Anschluss an die Operation Faustschlag den Friedensvertrag von Brest-Litowsk. Im Januar 1918 war es zu heftigen Streitereien zwischen Teilen der zivilen Reichsleitung und der OHL gekommen (bis hin zum Rücktrittsangebot Hindenburgs und
Ludendorffs am 7. Januar), da man sich zunächst nicht über die gegenüber Russland einzuschlagende Linie einigen konnte. Schlussendlich realisierte dieser Vertrag – durch den das europäische Russland auf seine vorpetrinischen Grenzen zurückgeworfen wurde – inhaltlich in erster Linie die seit 1914 von der Mehrheitsströmung im Auswärtigen Amt verfochtene Kriegszielkonzeption. Die Zurückdrängung Russlands und die deutsche Dominanz in Osteuropa sollten nicht durch die von verschiedenen Interessengruppen und von Ludendorff geforderten direkten Annexionen, sondern durch die informelle Herrschaft über neu geschaffene, politisch und wirtschaftlich an Deutschland gebundene Satellitenstaaten festgeschrieben werden. Dies bot auch unmittelbare außen- und innenpolitische Vorteile: Das – zum Entsetzen Österreich-Ungarns und der OHL – in diesem Zusammenhang vom verantwortlichen Staatssekretär Richard von Kühlmann ausgesprochene deutsche Bekenntnis zum „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ hob das bisherige einschlägige propagandistische Monopol der Entente auf und ermöglichte es der Reichstagsmehrheit (vgl. Friedensresolution), den Brest-Litowsker Vertrag ohne vollständigen Gesichtsverlust zu ratifizieren. Durch Brest-Litowsk entstanden die Grundlagen eines Systems deutscher Vasallen- und Klientelstaaten, das Berlin direkten politischen, wirtschaftlichen und militärischen Zugriff „von Murmansk bis Baku“[38] versprach. Die zunächst ausgeklammerte Reparationsfrage wurde – unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit – im Laufe des Sommers in Berlin verhandelt. Am 27. August wurden hier mehrere Ergänzungsverträge unterzeichnet, durch die sich Russland unter anderem zur Zahlung von Reparationen in Höhe von sechs Milliarden Goldmark und zur Anerkennung der Unabhängigkeit Georgiens verpflichtete. Im Gegenzug wurde der Rückzug der deutschen Truppen hinter die Beresina, die estnische und livländische Grenze zugesagt.
Noch während der Brest-Litowsker Verhandlungen und deren Ergebnissen vorgreifend hatte eine Delegation der ukrainischen Zentralna Rada einen Friedensvertrag mit den Mittelmächten unterzeichnet (9. Februar), durch den das Land de facto aus dem russischen Staatsverband austrat. Am 12. Februar übergab die Rada-Regierung der deutschen Seite das von dieser gewünschte formelle Ersuchen, in der Ukraine zu intervenieren und das zu diesem Zeitpunkt von den Bolschewiki kontrollierte Kiew zu besetzen. Zwischen Februar und April übernahmen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen allerdings die Kontrolle über die gesamte „unabhängige“ Ukraine[41] und besetzten – unter Verletzung des Brest-Litowsker Friedensvertrages – auch die Krim (1. Mai Sewastopol), das ganze Donezbecken und am 8. Mai schließlich Rostow. Die russische Schwarzmeerflotte zog sich nach Noworossijsk zurück, wo sich ihr größter Teil am 17./18. Juni in auswegloser Lage selbst versenkte. Im Zuge der Okkupation kam es zu erheblichen Reibereien zwischen deutschen und österreichisch-ungarischen Kommandostellen, da weder ein einheitliches Oberkommando geschaffen noch – zumindest in den ersten Monaten – eine Abgrenzung der Besatzungszonen vorgenommen wurde.
Beide Seiten versuchen
anfänglich, durch schnelles Vorrücken (etwa beim „Wettlauf nach Odessa“) Fakten zu schaffen. Eine Stationierung österreichisch-ungarischer Truppen in Kiew, das von deutschen Verbänden am 1. März besetzt worden war, lehnte die OHL ab. Nach einigen Wochen wurden den k.u.k. Truppen die Gouvernements Wolhynien, Podolien, Cherson und Ekaterinoslaw zugewiesen. Den beherrschenden Einfluss auf die ukrainische Politik übten aber allein die deutschen Militärs in Kiew – in erster Linie der Stabschef der dortigen Heeresgruppe, Wilhelm Groener – aus. Die ukrainische Zentralrada, mit der die Mittelmächte zunächst noch gegen die sowjetrussische Regierung zusammengearbeitet hatten, wurde den deutschen Stellen, die das Gremium nunmehr als handlungsunfähiges „studentisches Konventikel“ bewerteten, rasch lästig. Am 28. April setzten deutsche Offiziere „in typisch preußisch-deutscher Manier“ – mit vorgehaltener Waffe und dem Ruf „Hände hoch!“ – die von der Rada gestützte ukrainische Regierung ab und verhafteten deren Minister. Einen Tag später rief nach vorangegangener deutscher Ermunterung eine im Kiewer Zirkus zusammengetretene Großgrundbesitzerversammlung ein sogenanntes Hetmanat unter Führung des ehemaligen Generals Pawlo Skoropadskyj aus. Diese Marionettenregierung hielt sich bis zum Abzug der deutschen Truppen im Dezember. Unter ihrer Ägide wurden bis Anfang November 1918 insgesamt 34.745 Waggonladungen Lebensmittel, Getreide und Rohstoffe aus der Ukraine abtransportiert (knapp 20.000 nach Österreich-Ungarn, 14.100 nach Deutschland, der Rest nach Bulgarien und in die Türkei), zudem erklärte sie sich zur Bezahlung der Besatzungskosten bereit. Rumänien schied durch den am 7. Mai unterzeichneten Friedensvertrag von Bukarest (der Waffenstillstand war am 9. Dezember 1917 in Focșani vereinbart worden) ebenfalls aus dem Krieg aus. Der Vertrag sah in erster Linie einschneidende politische und wirtschaftliche Eingriffe vor (Verpachtung der Ölfelder auf 90 Jahre an deutsche Gesellschaften, Export landwirtschaftlicher Produkte nur nach Deutschland und Österreich-Ungarn, verschleierte Zahlung von Reparationen durch Rumänien, Fortdauer der Besetzung, aufsichtsführende deutsche Zivilbeamte in rumänischen Ministerien). Weitergehenden deutschen Forderungen – das Auswärtige Amt hatte ursprünglich neben der Verpachtung des Hafens von Constanța sogar eine Personalunion Deutschlands und Rumäniens angestrebt, also den Übergang der rumänischen Königskrone an Wilhelm II. – konnten sich die Rumänen entziehen, nicht zuletzt, weil Österreich-Ungarn, das sich zunächst auf die gleiche Weise die Kontrolle über Rumänien hatte sichern wollen, den weitgehenden Berliner Plänen widersprach. Bulgarien verlangte die gesamte Dobrudscha und damit die Abdrängung Rumäniens vom Schwarzen Meer, was aber von der Türkei entschieden abgelehnt wurde. Auf diese Weise neutralisierten sich die Maximalprogramme der Mittelmächte bei den Verhandlungen gegenseitig; Rumänien kam so – obwohl es als einzige kriegführende Macht eine vollständige militärische Niederlage erlitten hatte und zur Gänze von feindlichen Truppen besetzt war – zumindest in territorialer Hinsicht bemerkenswert glimpflich davon: Österreich-Ungarn setzte die Abtretung einiger Gebiete in den Karpaten durch (die letzte
Gebietserweiterung der Donaumonarchie), Bulgarien wurde die südliche Dobrudscha, Rumänien zum Ausgleich dafür allerdings das ehemalige russische Gouvernement Bessarabien zugesprochen (wodurch sich sein Gebietsstand sogar vergrößerte).
Mit Finnland und Georgien schloss das Reich Verträge, die diese Staaten zum nördlichen bzw. südlichen Eckpfeiler des geplanten deutschen Herrschaftsraumes machen sollten. Am 7. März wurden in Berlin mehrere deutsch-finnische Verträge (darunter ein Friedensvertrag) unterzeichnet, die Finnland politisch und ökonomisch in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Deutschland brachten. Die weißfinnische Regierung (vgl. Finnischer Bürgerkrieg), deren Vertreter diese Abkommen unterzeichnet hatten, kehrte im April im Gefolge deutscher Interventionstruppen (vgl. Finnland-Intervention) wieder nach Helsinki zurück. Am 9. Oktober 1918 wählte der finnische Landtag Friedrich Karl von Hessen zum finnischen König. Georgien, das sich am 26. Mai für unabhängig erklärt hatte, unterzeichnete zwei Tage später in Poti das erste einer Reihe von Abkommen mit dem Reich. Im Juni landete ein kleines deutsches Kontingent in dieser Stadt und besetzte anschließend Tiflis. Die deutschen Truppen in Georgien wurden rasch deutlich verstärkt (Gesamtstärke Mitte September 19.000 Mann). Im Kaukasusgebiet zeichneten sich im Spätsommer 1918 bereits die Konturen einer neuen deutsch-britischen Front ab, da zur gleichen Zeit britische Truppen am Westufer des Kaspischen Meeres operierten und am 4. August Baku besetzten.
Im nördlichen Baltikum, dessen offene oder verschleierte Annexion (auch hier wurde zunächst an eine Personalunion gedacht) sich als innenpolitisch nicht durchsetzbar erwiesen hatte, kam es – in erster Linie auf Betreiben der OHL – zum Versuch, ein von der deutschen Minderheit beherrschtes Staatswesen zu etablieren (vgl. Vereinigtes Baltisches Herzogtum). In Litauen ließ die deutsche Politik den einheimischen Nationalisten mehr Spielraum, schaffte es aber dennoch, einen württembergischen Grafen als König Mindaugaus II. zu installieren. Auch das sächsische Königshaus hatte zunächst Anspruch auf die litauische Krone erhoben.
ie Verluste auf russischer Seite sind aufgrund mangelnder Statistik schwer zu ermitteln. Historiker schätzen die Zahl der Toten auf rund 1,3 Millionen, was in etwa den Verlusten, die auch Frankreich und Österreich-Ungarn erlitten, entspräche.
Von rund neun Millionen Kriegsgefangenen im Weltkrieg wurde die Mehrheit von 5 Millionen an der Ostfront gefangen genommen. Rund 2,1 Millionen Soldaten der Mittelmächte waren Kriegsgefangene in Russland. Die Mehrheit von ihnen waren Soldaten Österreich-Ungarns. Rund 140.000 Deutsche und rund 80.000 Türken und Bulgaren befanden sich in russischer Kriegsgefangenschaft. Die Sterberate unter den Gefangenen war in Russland aufgrund Seuchen und mangelhafter Versorgung mit 20 % unter allen kriegführenden Mächten am höchsten. Rund 2,4 – 3,1 Millionen russische Soldaten wurden Kriegsgefangene bei den Mittelmächten. Die Gesamtsterberate der
Gefangenen betrug rund 5 – 8 %. Innerhalb der Kriegsgefangenschaft wurden von russischer Seite aus politischen Erwägungen kriegsgefangene Slawen gegenüber nichtslawischen Gefangenen bevorzugt, während Kriegsgefangene der Westmächte in Deutschland bevorzugt wurden.
Serbien war ein wichtiger Spieler, als der Erste Weltkrieg begann. Die Spannungen auf dem Balkan hatten schon viele Jahre vorher zugenommen. Das Osmanische Reich verlor immer mehr an Einfluss. Nach den Balkankriegen von 1912 bis 1913 hatte Serbien viel Land gewonnen, zum Beispiel Kosovo und Mazedonien. Plötzlich war Serbien stark, aber auch ein Feind von Österreich-Ungarn. Wien sah in Serbien eine Bedrohung. Serbien ermutigte die Südslawen im österreichisch-ungarischen Reich, sich von der Monarchie zu trennen. Russland stand auf der Seite von Serbien, was die großen Mächte noch mehr miteinander in Konflikt brachte und schließlich den Ersten Weltkrieg auslöste.
Am 28. Juni 1914 war der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo. Dort wurde er erschossen, und zwar von Gavrilo Princip, der Mitglied einer geheimen Gruppe namens Schwarze Hand war. Österreich-Ungarn machte Serbien für das Attentat verantwortlich. Am 23. Juli 1914 schickten sie ein strenges Ultimatum. Serbien gab fast nach und akzeptierte viele Bedingungen. Aber am 28. Juli 1914 erklärte Österreich-Ungarn den Krieg. Und dann ging es los. Die Bündnisse traten in Kraft: Russland half Serbien und Deutschland stand auf der Seite von Österreich-Ungarn. Bald war ganz Europa in den Krieg verwickelt.
Obwohl die serbische Armee schwächer war, schafften sie es, viele zu überraschen. Sie gewannen einige wichtige Kämpfe gegen Österreich-Ungarn. 1914 wehrten sie drei große Angriffe ab. Besonders in der Schlacht an der Drina im September schützten sie ihre Grenzen. Dann kam die Schlacht an der Kolubara von November bis Dezember 1914, in der die serbische Armee einen wichtigen Sieg errang. Sie fügten Österreich-Ungarn eine der ersten Niederlagen zu. Doch Serbien hatte auch große Probleme. Sie kämpften gegen eine stärkere Armee. Dazu kam eine Typhus-Epidemie, die vielen das Leben kostete.
1915 verschlechterte sich die Lage noch mehr. Deutschland und Bulgarien schlossen sich Österreich-Ungarn an und planten einen Angriff auf Serbien. Im Oktober griffen sie Serbien von drei Seiten an. Bulgarien kam von Osten. Die serbische Armee war erschöpft und konnte nicht weiterkämpfen. Anstatt aufzugeben, entschied sich die serbische Regierung nach einem riskanten Plan. Sie zogen sich durch die Berge Albaniens zur Adriaküste zurück.
Der Rückzug war hart. Über 400.000 Menschen machten sich auf den Weg. Viele litten unter Kälte, Hunger und Krankheiten. Tausende ertranken oder wurden von Räubern getötet. Nur etwa 150.000 schafften es an die Küste. Dort wurden sie von französischen und italienischen Schiffen nach Korfu gebracht.
Auf Korfu sammelte sich die serbische Armee wieder. 1916 wurde sie dann an die Front nach Griechenland geschickt. Hier dauerte es lange, bis Serbien und seine Verbündeten gegen die Mittelmächte kämpften. Aber dann, 1918, starteten sie eine große Offensive. Im September 1918 durchbrachen serbische und alliierte Truppen die bulgarischen Linien. Bulgarien gab schnell auf und die serbische Armee konnte zurückkehren. Am 1. November 1918 wurde Belgrad befreit.
Serbien hatte im Ersten Weltkrieg einen hohen Preis zu zahlen. Ungefähr 1,2 Millionen Menschen starben, das war rund 25 % der Gesamtbevölkerung. Diese Zahl ist schockierend. Der Krieg fand hauptsächlich in Serbien statt und die Städte und Dörfer waren stark beschädigt. Die Wirtschaft war am Boden, weil der Kampf das Land und die Industrie schwer getroffen hatten.
Nach dem Krieg war Serbien jedoch ein Gewinner. Es gewann viel Einfluss auf dem Balkan. Der Vertrag von Versailles brachte die ehemaligen österreichischen Gebiete Bosnien, Kroatien und Slowenien in einen neuen Staat zusammen. Am 1. Dezember 1918 wurde der Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen gegründet. Dies wurde später als Jugoslawien bekannt. Serbien hatte sein Ziel erreicht: die Einheit der südslawischen Völker. Aber der neue Staat hatte von Anfang an mit ethnischen Spannungen zu kämpfen.
Serbien war also nicht nur Auslöser des Ersten Weltkriegs, sondern auch eine starke Nation während des Krieges. Trotz der enormen Verluste kämpften sie bis zum Ende weiter. Serbien spielte eine Schlüsselrolle im Sieg der Alliierten. Der Krieg endete mit Serbien als Sieger, aber die Konsequenzen waren schmerzhaft. Die hohen Verluste und die Zerstörung prägten die serbische Geschichte für lange Zeit.
Die Front desGebirgskriegeszwischenÖsterreich-UngarnundItalienimErsten Weltkrieg(italienischGuerra Bianca) verlief zwischen 1915 und 1917 vomStilfser Jochan derSchweizer Grenzeüber denOrtlerund denAdamellozum nördlichenGardasee, östlich derEtschdann über denPasubio, weiter auf dieSieben Gemeinden, durch dieValsugana, denLagoraiund dieDolomitenzumKarnischen Kammund denJulischen AlpenbisGradisca. 1915 – noch vor dem Kriegszustand zwischenDeutschlandund Italien – kamen mit demAlpenkorpsauchdeutsche Truppenzum Einsatz. Hierbei durften die Deutschen jedoch die italienische Grenze noch nicht überschreiten – wenn auch die Artillerie bereits nach Italien hineinschoss.
Vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges gehörteItaliendem sogenanntenDreibundmitÖsterreich-Ungarnund demDeutschen Reichan. 1914 verweigerte das Land einen Kriegseintritt auf der Seite derMittelmächtemit der Begründung, dass der Dreibund ein Defensivpakt sei. Es bestehe nur eine Bündnispflicht, wenn einer der Bündnispartner angegriffen würde, laut italienischer Ansicht hätten jedoch Deutschland und Österreich-Ungarn den Krieg begonnen.
Der tatsächliche Grund war, dass dieEntentevon Beginn an Italien Versprechungen machte, welche den Bestrebungen deritalienischen Irredentaentsprachen. InSüdtirol, imTrentino, im österreichischen Teil desFriaulund inTriestlebten unterschiedlich starke italienische Minderheiten, und die Entente versprach diese österreichischen Gebiete Italien im Falle eines Kriegseintrittes auf ihrer Seite. Österreich wies zwar darauf hin, dass mehr Italiener als Minderheit inFrankreichund in derSchweizlebten, fand damit aber kein Gehör. Ein weiterer Grund dafür war wohl auch, dass Italien Österreich als den vermeintlich schwächeren Gegner betrachtete. So gab es Pläne im italienischen Generalstab, binnen vier Wochen bis nachWienvorzurücken. Auch die italienische Wirtschaft hatte kein Interesse daran, an der Seite der Mittelmächte zu kämpfen. Die italienische Wirtschaft war sehr abhängig von Rohstoffimporten auf dem Seeweg, diese wären im Falle eines Krieges gegen die Entente blockiert worden.
Die italienische Bevölkerung war keineswegs kriegsbegeistert und wurde mittelsPropagandamotiviert. Hier tat sich vor allem der DichterGabriele D’Annunziohervor, der es verstand, antiösterreichische Stimmung zu erzeugen. GeneralLuigi Cadornagelang es, mit optimistischen Versprechungen und Prognosen das Parlament auf seine Seite zu ziehen. Er war ein gewandter Redner, hatte aber wenig militärisches Geschick. Die österreichische Grenze war in Erwartung eines italienischen Kriegseintrittes gut befestigt worden, allerdings nur mit schwachenLandsturmeinheitenbesetzt. Für manche Frontabschnitte waren zu Beginn überhaupt keinek.u.k. Truppenverfügbar. Hier marschierten Freiwillige nachts von Gipfel zu Gipfel und täuschten durch viele Fackeln eine stärkere Besetzung vor. General Cadorna scheute jedes Risiko wie auch eine rasche Offensive. Die Österreicher brachten ihrerseits schließlich Verstärkung von derserbischen und russischen Frontan die italienische Grenze und schafften es so, bereits nach zwei Wochen eine geschlossene Verteidigung zu organisieren.
Österreich hatte bereits vor dem Krieg umfangreicheFestungswerke an der Grenze zu Italienbauen lassen, in der Erwartung, dass der Bündnisvertrag mit Italien nicht halten würde. Als sich der Kriegseintritt Italiens verzögerte, wurden die Festungswerke von derLandwehrbesetzt.
DiedeutschenVerbündeten griffen derDonaumonarchieunter die Arme: das neu aufgestellteAlpenkorpswurde noch im Mai 1915 nach Südtirol verlegt und blieb dort bis in den Herbst. Deutschland war ab August 1916 formell mit Italien im Kriegszustand. Das gebirgige Gelände stand einem schnellen italienischen Vormarsch entgegen und begünstigte die Verteidiger.
Italien verfügte bei Kriegsbeginn über ein Heer von 900.000 Mann, das sich invier Armeensowie die Karnische Gruppe gliederte.Oberbefehlshaberwar GeneralLuigi Cadorna. Der festgelegte Operationsplan sah vor, mit der 2. und 3.Armee über den FlussIsonzoin RichtungLaibachvorzustoßen, um ein strategisches Zusammenwirken mit dem russischen und serbischen Heer zu ermöglichen. Die Karnische Gruppe sollte in RichtungVillachinKärntenvorstoßen, die 4.Armee sollteToblachangreifen. Die gegenSüdtiroleingesetzte1.Armeesollte sich defensiv verhalten. Bereits in den ersten Wochen zeigte sich, dass die geplanten Operationsziele völlig unrealistisch waren.
DieFrontbefand sich zum größten Teil in gebirgigem Gelände und stellte somit besondere Anforderungen an die Kriegsführung (vgl.Gebirgskrieg).[1]So musste buchstäblich jede Wasserflasche und jedes Stück Feuerholz vonMaultierenoder Trägern in die Stellungen transportiert werden. Da ab demWinter 1916/17die Pferde und Maultiere mangels Futter kaum noch leistungsfähig waren, wurden sie mehr und mehr durch elektrisch betriebeneSeilbahnenbzw. Zugverbindungen ersetzt.
Die kürzeste Verbindung nachKärntenbzw. ins nördliche Slowenien wurde außerdem durch noch in dernapoleonischenZeit errichteteForts(z.B.Fort Hermannoder Herrmannswerk) versperrt. Derösterreichisch-ungarischen Armeeführungwar bewusst, dass diese Sperranlagen einem Beschuss mit modernenBrisanzgranatennicht standhalten würden. Die Geschütze und Besatzungen dieser Forts waren deshalb noch vor dem Kriegsausbruch bis auf eine minimale Restmannschaft, die eine Vollbesetzung vortäuschte, abgezogen worden. Die italienischen Truppen wurden vor diesen Forts gestoppt und die italienischeArtillerieschoss die Forts nieder, was der österreichischen Armee die Zeit verschaffte, die sie zum Aufbau ihrer Verteidigungslinien benötigte.
AmIsonzound in RichtungTriestwar das Gelände eher hügelig undverkarstetund somit offen für Großangriffe. Demzufolge konzentrierten sich die italienischen Angriffe immer wieder auf diesen Abschnitt. Vor allem die einzigen zwei österreichischen Brückenköpfe westlich des Isonzo, bei Tolmein und bei Görz, wurden mehrfach angegriffen. Hier zeigte sich das militärische Ungeschick Cadornas, er zögerte, obwohl die Italiener mit denAlpiniüber eine speziell für den Gebirgskrieg trainierte Eliteeinheit mit hohem Korpsgeist verfügten, dazu eine mehrfache Überlegenheit mit konventionellen Kräften. Währenddessen standen auf der Gegenseite bestenfalls zweitklassige Einheiten aus alten und sehr jungen Männern mit kaum vorhandener Ausrüstung bereit (etwak.k. Standschützen). Das Zögern der Italiener verschaffte den Österreichern Zeit, reguläre Einheiten heranzuführen und eine moderne, tiefgestaffelte Verteidigungslinie aufzubauen. General Cadorna bevorzugte zu Beginn eine konservative, veraltete Angriffstaktik. So gingen seine Soldaten dicht gedrängt und gestaffelt vor, was alle anderen kriegsführenden Länder wegen der dabei eintretenden außerordentlich hohen Verluste durchMaschinengewehrfeuerder Verteidiger seit langem vermieden. Außerdem war Cadorna zu zögerlich und verschenkte so des Öfteren bereits erkämpfte Anfangserfolge. Hinzu kam ein äußerst brutaler Führungsstil, bei denen Niederlagen nur der mangelnden „Moral“ der Soldaten geschuldet waren und nicht etwa der Planung oder dem Gelände. Zusätzlich war Cadorna sehr negativ gegenüber einem regelmäßigen Auswechseln der Fronteinheiten eingestellt. Auch Briefe aus der Heimat würden die Soldaten nur „weich“ machen, obwohl die Soldaten dieFeldpostoft sehnlich erwarteten. Auf diese Denkart Cadornas lassen sich wohl zumindest teilweise die häufigen Versorgungsschwierigkeiten der italienischen Armee zurückführen. Cadornas Führungsstil und seine Neigung zu sinnlosen und verlustreichen Angriffen führten zu mehreren Meutereien, die blutig niedergeschlagen wurden.
Die Österreicher ihrerseits hatten mitGeneraloberstSvetozar Boroević von Bojnaeinen ihrer fähigsten Kommandeure an die italienische Front entsandt. Vor allem die Defensive war eine seiner Spezialitäten; er schaffte es immer wieder, trotz deutlicher Unterlegenheit gegen einen bis zu dreimal stärkeren Gegner einen italienischen Durchbruch zu verhindern. Sein Geschick trug ihm bald den Beinamen „der Löwe vom Isonzo“ ein. Am 1. Februar 1918 wurde er vonKaiserKarl I.zumFeldmarschallbefördert.
Beide Seiten hatten aufgrund der ungeheuren Strapazen und Entbehrungen mit Disziplinproblemen bis hin zurDesertionzu kämpfen. In derk.u.k. Armeewaren vor allem tschechische Einheiten stark betroffen. DerNationalismusund die Propagierung eines eigenen tschechischenNationalstaatsdurch die Entente begannen, Wirkung zu zeigen. Die schlechte Versorgungslage der k.u.k. Einheiten tat ein Übriges, um dieKampfmoralzu senken.
Bei den italienischen Einheiten war oft der (bis heute existierende) Unterschied zwischenNord-undSüditalienernGrund für das Überlaufen zum Feind. Süditaliener betrachteten den Krieg häufig als einen sie nichts angehenden „Krieg Roms und des Nordens“.
Es wurde auch wiederMinenkrieg– teils in schwierigem Gelände– mit Minenstollen geführt: feindliche Stellungen (und sogar ganze Berggipfel) wurden untergraben,unterminiertundgesprengt. Bekanntestes Beispiel ist derCol di Lana. Auch wurden durch Beschuss absichtlichSchnee-oderGerölllawinenoberhalb von feindlichen Stellungen ausgelöst.
Während in denDolomitenauf österreichisch-ungarischer Seite Halteschlachten (mit Ausnahme derSüdtiroloffensive 1916und demUnternehmen Lawinegenannten Offensiven) geschlagen wurden, fanden die wesentlichen Ereignisse in denKarnischenundJulischen Alpenstatt. Hierbei ragten besonders dieIsonzo-undPiaveschlachtenheraus.
Erst nach dem erfolgreichenFeldzug gegen Serbien und Montenegroim Herbst 1915 ergab sich für Österreich eine Möglichkeit, gegen Italien offensiv zu werden. Geplant war eine Offensive von zwei österreichischen Armeen, ausgehend von der Hochfläche von Lavarone in Richtung Venedig. Wegen ungünstiger Witterungsverhältnisse konntedie Offensiveerst am 15. Mai 1916 beginnen, wodurch der Überraschungseffekt verloren ging. Die Offensive erzielte trotz des schwierigen Geländes Anfangserfolge und lief sich bald fest. Die Anfang Juni 1916 einsetzende russischeBrussilow-Offensivezwang die Österreicher endgültig zum Einstellen des Angriffes.
Dieösterreichische Frühjahrsoffensive, die vom 15. Mai bis 16. Juni 1916 auf dem Gebiet derSieben Gemeindenstattfand, blieb erfolglos.
Lediglich an der Kärntner und Isonzo-Front gelang es, den Stellungskrieg in denBewegungskriegzu überführen. DerGasangriffder k.u.k. Armee bei Flitsch/Plezzo/Bovec am Beginn der12. Isonzo-Schlachtam 24. Oktober 1917 führte auch zum Zusammenbruch der italienischen Front im Hochgebirge, ein Erfolg, der die k.u.k. Armee mit ihren verbündeten deutschen Truppen zuerst an denTagliamentound weiter bis an denPiaveführte.
Die Gebirgsfront zwischen demStilfser Jochund dem Piave bestand bis 1918 weiter. Der südliche Abschnitt der österreichischen Gebirgsfront brach Ende Oktober 1918 nach derSchlacht von Vittorio Venetozusammen.
Am 23. Mai 1915 trat Italien trotz des Bündnisses auf Seiten derEntentegegen Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg ein. Im Manifest vom 23. Mai 1915An Meine Völker!sagte dazu Kaiser Franz Josef: „Der König von Italien hat mir den Krieg erklärt. Ein Treubruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreiche Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden.“ Italien verfügte bei Kriegsbeginn über ein Heer von 900.000 Mann, das sich in vier Armeen sowie die Karnische Gruppe gliederte.Oberbefehlshaberwar GeneralLuigi Cadorna. Der festgelegte Operationsplan sah vor, mit der 2. und 3.Armee über den FlussIsonzoin RichtungLaibachvorzustoßen, um ein strategisches Zusammenwirken mit dem russischen und serbischen Heer zu ermöglichen. Die Karnische Gruppe sollte RichtungVillachinKärntenvorstoßen, die 4.ArmeeToblachangreifen. Die gegenSüdtiroleingesetzte1.Armeesollte sich defensiv verhalten. Bereits in den ersten Wochen zeigte sich, dass die geplanten Operationsziele völlig unrealistisch waren. Dies lag einerseits an dem schwierigen Gelände und mangelnder Artillerie, anderseits jedoch auch an dem völlig erratischen Verhalten des italienischen Oberkommandos, das direkte Frontalangriffe auf massiv eingegrabene Gegner bevorzugte. Dabei wurden die italienischen Soldaten von österreichischen MGs und Artillerie so stark beschossen, dass die Offensiven allesamt bis auf marginale Erfolge wirkungslos zusammenbrachen. Die Österreicher hatten im Gegensatz zu den Italienern schon Kriegserfahrung und wussten wie wichtig eine gut befestigte Stellung und Artillerieüberlegenheit war. Etwas ausgeglichen wurde das durch GeneralHötzendorf, der wie Cadorna einen Hang zu Massenangriffen mit großen Verlusten hatte und auf dessen Initiative mehrere gescheiterte Offensiven der Österreicher zurückgingen, die dafür sorgten, dass die österreichisch-ungarische Armee bei Kriegsende gerade so fähig war, das eroberte Territorium zu halten.
Bis Oktober 1917 lief die Front in nördlicher Richtung durch dieDolomitenund dann in östlicher Richtung durch dieKarnischen Alpen. In denJulischen Alpenverlief sie im Wesentlichen entlang der heutigen italienisch-slowenischen Grenze und amIsonzoentlang nach Süden. Südlich vonGörzfanden etliche Schlachten auf dem östlich des Isonzounterlaufes gelegenenKarstplateaustatt (1.–12. Isonzoschlacht), von wo aus die italienische Armee in RichtungTriestundLaibachvorstoßen wollte. Die Frontlinie endete beiDuinoan derAdria. Insgesamt handelte es sich um eine ca. 600km lange Front (Luftlinie), die zwischen der Schweiz und der Adria in Form eines liegenden „S“ verlief. Der Großteil der Front lag im Hochgebirge, weswegen die genannten 600km austopografischenGründen in Wirklichkeit um mehrere hundert Kilometer verlängert werden müssen.
Von Oktober 1917 bis Oktober 1918 verlief die Front nach derSchlacht von Karfreit(12. Isonzoschlacht) von der Hochfläche derSieben Gemeindenüber denMonte Grappaund im Tiefland amPiaveentlang bis zur Adria. Die dritte Piaveschlacht (Schlacht von Vittorio Veneto, 24. Oktober bis 3./4. November 1918) zwang Österreich-Ungarn zumWaffenstillstand von Villa Giusti. Dieser trat am 4. November 1918 (15 Uhr) in Kraft.
Für die Menschen an der Alpenfront war der Kampf um das Überleben von Naturgewalten und schlechten Gesundheits- und Lebensbedingungen oft gleichzusetzen mit dem Überleben der Waffen der Gegenseite. Die Auswirkungen von Naturgefahren, und wie diese zu Verlusten beitrugen, ist relativ wenig erforscht. Opferzahlen von Menschen und Nutztieren, Schäden der Infrastruktur und natürlichen Ressourcen (z.B. Wälder und Wasserquellen), die direkt durch Naturgefahren hervorgerufen wurden, beruhen auf Schätzungen. An der Alpenfront warenLawinenund Kälte die verheerendsten Naturgefahren, aber auch Erdrutsche und Blitze.Walther Flaigschrieb in seinem Buch Lawinen: Abenteuer Und Erfahrung, Erlebnis Und Lehre (1955), dass mindestens 40.000–50.000 durch Lawinen allein getötet wurden.[2]Heinz Lichemschätzte in den 70 er Jahren, dass 100.000 aufgrund alpiner Naturfaktoren ums Leben kamen. Das Fehlen einer Schätzung betrifft vor allem die Verluste aufgrund vonUnterkühlung,Erfrierungenund Entbehrungen, die durch Kälte und Feuchtigkeit sowie Nahrungsmangel mit in FolgeAuszehrungverursacht wurden. 1915 wurden 60 Prozent der italienischen Soldaten in einigen Sektoren aufgrund von Erfrierungen von der Front entfernt. An manchen Frontabschnitten kamen mehr Soldaten durch Lawinen,Felsstürzeund Unfälle ums Leben als durch feindlichen Beschuss (→Lawinenkatastrophe vom 13.Dezember1916).
Deutsches Kaiserreich:
5.8.1914: Am fünften Tag nach dem Kriegseintritt des Deutschen Reiches ist es mit dem ungetrübten Hurra-Patriotismus vorbei. Aus Berlin wird von Krawallen berichtet. Von "Erbitterung der Bevölkerung" schreiben die Münchner Neuesten Nachrichten am 5. August 1914. Handfester Unmut macht sich breit, Unmut gegen die inzwischen doch sehr zahlreichen Feinde.
Eine Menschenmenge habe sich am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor versammelt. Dort befindet sich auch die französische Botschaft. Die Stimmung ist aggressiv, es gibt "Tumult". Als am Abend die Nachricht von der britischen Kriegserklärung eintrifft, gerät "die Menge in helle Wut".
Die Menschen gehen hinüber in die Wilhelmstraße zur britischen Vertretung, sie johlen und pfeifen. "Nieder mit England!", schreien Tausende. Der spanische Botschafter verlässt das Gebäude und wird rüde geschmäht - er wird mit seinem britischen Kollegen verwechselt. Aufgebrachte Demonstraten folgen seinem Automobil, bis zu seinem Hotel. Nur mit Mühe können die aufgebrachten Menschen davon abgehalten werden, es zu stürmen.
6.8.1914: Kaiser Wilhelm hält seine berühmte rede zum Aufruf an das Deutsche Volk.
7.8.1914: Deutsche Truppen besetzen unter Generalmajor Erich Ludendorff das belgische Lüttich.
23.8.1914: Kriegserklärung Japans an das Deutsche Reich.
26.8.1914: Beginn der Schlacht bei Tannenberg unter der Leitung von Hindenburg und Ludendorff.
6.9.1914: Beginn der Schlacht an der Marne.
12.9.1914: Ende der Schlacht an der Marne verdeutlicht das Scheitern des Schlieffen-Plans.
2.11.1914: Kriegserklärung der Entente an das Osmanische Reich.
5.11.1914: Großbritannien erklärt die Nordsee zum Kriegsgebiet und verhängt eine Wirtschaftsblockade gegen das Deutsche Reich.
29.4.1916: Als Anerkennung der Kriegsleistungen der Firma Krupp verleiht Wilhelm II. Gustav Krupp von Bohlen und Halbach das Eiserne Kreuz I. Klasse.
8.8.1916: Tod der Frauenrechtlerin Lily Braun in Berlin.
9.1. Unterzeichnung eines deutsch-türkischen Handelsvertrags.
27.5.Die am 6. April 1917 begonnene französische Offensive an der Aisne und in der Champagne wird nach großen Verlusten eingestellt.
15.10.Tod des Schriftstellers Walter Flex (gefallen bei Ösel).
9.12.Vollständige Besetzung von Deutsch-Ostafrika durch britische Truppen.
26.9. Tod des Philosophen und Soziologen Georg Simmel in Straßburg.
7.8.1914: Kriegserklärung Montenegros an Österreich-Ungarn.
12.3.1916: Tod der Schriftstellerin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach in Wien.
24.- 30.10.Die Offensive der Mittelmächte am Isonzo führt zum Zusammenbruch der italienischen Front und zur Eroberung der Provinz Friaul-Julisch-Venetien. Große Teile der italienischen Armee werden gefangengenommen oder lösen sich auf. Großbritannien und Frankreich raten zum Kriegsaustritt Italiens. Ministerpräsident Paolo Boselli (1838-1932) erklärt daraufhin seinen Rücktritt, neuer Regierungschef wird der bisherige Innenminister Vittorio Orlando (1860-1952).
9.12.Die Mittelmächte und Rumänien vereinbaren einen Waffenstillstand.
1.2.Österreich-ungarische Truppen schlagen eine Matrosenmeuterei in Cattaro (Dalmatien) nieder.
4.10.Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich unterbreiten den USA Waffenstillstandsangebote.
28.10. In Prag wird der tschechoslowakische Staat ausgerufen.
Auf dem Balkan führte der osmanische Gebietsverlust zu einem Machtvakuum, in dem nun die Interessen Russlands und des Habsburgerreichs in Konkurrenz traten.Die russische Seite versuchte, die Kontrolle über die Meerengen zum Schwarzen Meer zu gewinnen. ImErsten Weltkriegbestimmte dieses geostrategische Interesse den russischen Zweifrontenkrieg gegen das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn sowie gegen das Osmanische Reich im Kaukasus.Dagegen fürchtete Wien, dass der 1867 gefundeneÖsterreichisch-ungarische Ausgleichvon den südöstlichen Randgebieten her gefährdet werden könnte: In diesen Landesteilen bestimmte vor 1914 die „südslawische Frage“ nach dem Umgang mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der katholischenSlowenenundKroatensowie der serbisch-orthodoxenSerbendie Innenpolitik der Habsburgermonarchie. Im letzten Viertel des 19.Jahrhunderts hatten sich dort unter dem Schutz Russlands radikale Nationalbewegungen entwickelt, die auf die Abspaltung vom Osmanischen und österreichisch-ungarischen Reich zielten. Die internationalen Bemühungen nach den russisch-osmanischen Kriegen der 1870er Jahre, vor allem Bismarcks Handeln auf dem Pariser Kongress, zeigen das Bestreben um einen Interessenausgleich ohne militärische Konflikte.Das Osmanische Reich leitete dabei die Spannungen zwischen Russland und Österreich-Ungarn ab und stabilisierte so das Zentrum Europas.Mit der Entwicklung der neuen Nationalstaaten wie dem Deutschen Reich veränderte sich die politische Lage: An die Stelle wechselnder politischer Allianzen, wie noch im Krimkrieg, traten langfristige, noch zu Friedenszeiten geschlossene Bündnisse. Der russisch-österreichische Interessenkonflikt in Südosteuropa zwang Berlin 1878 zum Bündnis mit Österreich imZweibund, der 1882 durch Italien zumDreibunderweitert wurde. Mit dem Abschluss derFranzösisch-Russischen Allianz1894 war in Europa eine klassische„Balance of Power“entstanden, verstärkt durch die Neutralität Großbritanniens.
In dieser politischen Situation sah sich das Osmanische Reich in einem Dilemma: Im nunmehr statischen europäischen Bündnissystem hatte es seine Rolle als politische „Ausgleichszone“ verloren. Die wirtschaftlichen Einbußen durch den Verlust der Balkanprovinzen, die hohe Schuldenlast und die in den vorausgegangenen schweren Kriegen geschwächte Armee würden es dem Reich nicht erlauben, im drohenden Krieg der europäischen Großmächte eine neutrale Position aufrechtzuerhalten. Ein neutrales Reich wäre zudem der russischen Bedrohung der ostanatolischen Provinzen schutzlos ausgeliefert, seine veraltete Marine hätte die Seestraßen zum Schwarzen Meer nicht behaupten können. Führende osmanische Politiker begriffen den Weltkrieg zudem als Chance zurRückeroberung verlorengegangener Gebieteauf dem Balkan und zur erneuten Expansion in Richtung Kaukasus und Zentralasien sowie dazu, eine Lösung derarmenischen Reformfragezu verhindern. Diese Frage war eng mit derorientalischen Frageverknüpft. Sie bedeutete zugleich ein ständiges Risiko der Einmischung der westlichen Mächte oder Russlands in die Innenpolitik des Osmanischen Reichs und konnte einen Vorwand zur Intervention liefern – mit dem Ziel der Aufteilung des Reiches.
Dem Reich blieb keine andere Wahl, als ein Bündnis mit einer europäischen Schutzmacht zu suchen. Spätestens ab 1882 bestanden engere Beziehungen mit demDeutschen Reich. Neben dem Bau derBagdadbahnwaren es vor allemdeutsche Militärmissionen, die die Beziehungen der beiden Staaten festigten. Mit denEntente-Mächten gab es enge politische und Handelsbeziehungen. Seit 1910 reformierte und modernisierte eine britische Marinemission die osmanische Flotte. Noch im Mai 1914 hatte die französische Regierung dem Reich erneut eine hohe Anleihe gewährt. Während derJulikrise1914 stand das Reich daher in intensivem diplomatischen Kontakt mit Frankreich, Großbritannien und dem Deutschen Reich. Eine Mission Cemal Paschas in Frankreich verlief im Juli 1914 ohne Ergebnis. Am 1. August 1914 konfiszierte Großbritannien zwei von der osmanischen Regierung in einer britischen Werft bestellte und bereits bezahlte Großkampfschiffe, so dass nun ein Bündnis mit Großbritannien ausgeschlossen war.
Am 3. August verkündete die osmanische Regierung offiziell, sich in einer „bewaffneten Neutralität“ aus den Kampfhandlungen herauszuhalten.Am 10. August 1914 lief der deutscheKonteradmiralWilhelm Souchon, verfolgt von Kräften derRoyal Navy, mit derGoebenund derBreslauin dieDardanellenein. Nach mehrtägigen Verhandlungen führte er sein kleines Geschwader nachIstanbul, wo es am 12. August offiziell in die türkische Marine übernommen wurde. Am 15. August kündigte die Türkei ihr Marineabkommen mit Großbritannien und verwies die britische Marinemission bis zum 15. September des Landes. Die Dardanellen wurden mit deutscher Hilfe befestigt, derBosporusdurch die inYavuz Sultan SelimumbenannteGoebengesichert, und beide Meerengen wurden am 27. September 1914 offiziell für die internationale Schifffahrt gesperrt. Am 29. Oktober eröffnete der Angriff Souchons unter osmanischer Flagge auf die russische Schwarzmeerflotte und die StadtSewastopolden bewaffneten Kampf. Am 2. November erklärte Russland dem Reich und am 12. November 1914 die osmanische Regierung derTriple Ententeden Krieg.
Die osmanische Regierung kündigte bald nach dem Kriegseintritt das Abkommen vom 8. Februar 1914.Mitten im Weltkrieg, am 5. September 1916, wurden alle weiteren Verträge und Abkommen gekündigt, die fremden Staaten Interventionsmöglichkeiten im Reich boten. Dazu gehörten derVertrag von Paris (1856), derBerliner Vertrag (1878)sowie die Deklaration von London (1871).
Am 24. April 1915 veranlasste die osmanische Regierung dieVerhaftung und Deportationarmenischer Zivilisten in Konstantinopel. Diese Politik mündete schließlich in der Ermordung von ca. 600.000 bis zu 1.500.000 christlichenArmeniern.Durch die Deportationen starben etwa zwei Drittel der auf dem Gebiet des Osmanischen Reiches lebenden Armenier, was alsVölkermord an den Armeniernbetrachtet wird. Auch unter den Bevölkerungsgruppen derAramäerundAssyrerkam es zugenozidalen Handlungen; zudem gab es bei denPontosgriechengroße Massaker (sieheGriechenverfolgungen im Osmanischen Reich 1914–1923).
ImFriedensvertrag von Brest-Litowskwar Russland 1917 aus dem Krieg geschieden. Am 30. Oktober 1918 beendete derWaffenstillstand von Moudrosdie Kampfhandlungen der Entente mit dem Osmanischen Reich. Ab November 1918 besetzten die Siegermächte einen Großteil des Osmanischen Reiches. Das „Jungtürkische Triumvirat“ wurde entlassen und flüchtete. Nachdem am 3. Juli 1918 Mehmed V. gestorben war, rückte sein BruderMehmed VI.(Mehmed Vahideddin) nach. Er ging auf alle Forderungen der Siegermächte ein und stand innenpolitisch unter starkem Druck. Nach Abschaffung des Sultanats im November 1922 verließ er Konstantinopel und ging ins Exil.
Die nationalistischen Bewegungen des 19.Jahrhunderts waren eine starke Kraft gewesen, die die innere Stabilität des Vielvölkerreichs erschüttert hatten. Diese Kraft war aber auch in den Kerngebieten des Osmanischen Reichs vorhanden. Es entstand eine Widerstandsbewegung gegen die Besatzungsmächte, die die Reste des Reichs in Interessensphären aufgeteilt hatten. Die führende Rolle spielte dabei der türkische GeneralMustafa Kemal Pascha. Seine Rolle in den folgenden Auseinandersetzungen wurde als derart bedeutsam eingestuft, dass das türkische Parlament ihm den BeinamenAtatürk(„Vater der Türken“) verlieh. Schon bald bildete die nach ihm benanntekemalistische Bewegungin den nicht besetzten Gebieten eine Art Gegenregierung.
Bei den im Dezember 1919 durchgeführten Wahlen errang die Befreiungsbewegung eine Zweidrittelmehrheit und verlegte ihren Hauptsitz nach Angora (Ankara). Im April 1920 konstituierte sich hier die „Große Türkische Nationalversammlung“, die im Januar 1921 einprovisorisches Verfassungsgesetzverabschiedete. Die neue Regierung pflegte gute Beziehungen zum mittlerweilebolschewistischen Russlandund wurde von Frankreich, welches das Mandat für das südliche Zentralanatolien hatte, faktisch anerkannt. Der 1920 von derHohen PforteunterzeichneteVertrag von Sèvres, der dem türkischen Staat die Souveränität aberkannte, wurde von Ankara nicht anerkannt. Es kam zumnationalen Befreiungskrieg, in dem die griechischen Truppen ausKleinasienzurückgeschlagen wurden. Der überwiegende Teil der griechischen Zivilbevölkerung, vor allem in Smyrna (türkischİzmir), wurde aus dem Land gewiesen (sieheBrand von Smyrna). Von griechischer Seite werden diese Ereignisse auch als die „Kleinasiatische Katastrophe“ bezeichnet. Zugleich wurden Hunderttausende von Reichsbewohnern, die als Türken galten, aus Griechenland verwiesen. Die nationalistischen Bewegungen strebten – nicht nur in der Türkei – nach einem einheitlichen Staatsvolk.
Die Erfolge der Kemalisten sorgten für einen Prestigeverlust für die Regierung Sultan Mehmeds VI. In den Verhandlungen um denVertrag von Lausanne1923 war eine Delegation derKemalistenaus Ankara vertreten, was einer internationalen Anerkennung gleichkam. Zur Konferenz (die am 30. November 1922 begann) war formal auch die Konstantinopeler Regierung eingeladen. Um zu verhindern, dass die Türkei durch zwei Regierungen vertreten wurde, schaffte die Regierung in Ankara unter Mustafa Kemal am 1. November 1922 das Sultanat ab. Drei Tage später trat die Istanbuler Regierung unterAhmed Tevfik Paschaoffiziell zurück. Der entthronte Sultan verließ wenige Tage später das Land. Der bisherige ThronfolgerAbdülmecid II.wurde zumKalifenernannt.
Am 13. Oktober 1923 wurde Ankara zur Hauptstadt erklärt und am 29. Oktober die Republik ausgerufen; Mustafa Kemal Pascha wurde Staatspräsident,İsmet Pascha, dem später aufgrund der Siege gegen die griechische Armee bei İnönü der Nachname „İnönü“ verliehen werden sollte, Ministerpräsident derneu gegründeten Republik. Im März 1924 wurde das Kalifat abgeschafft, Abdülmecid und alle Angehörigen der DynastieOsmanmussten dasLandverlassen.
Das Königreich Bulgarien hatte im Anschluss an denRussisch-Osmanischen Krieg von 1877–1878als Fürstentum seine Unabhängigkeit vomOsmanischen Reichgewonnen, die auf demBerliner Kongress1878 bestätigt wurde. In der Folgezeit kam es mehrfach zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit demKönigreich Griechenlandsowie demKönigreich Rumänienund demKönigreich Serbien, die beide ebenfalls seit dem Berliner Kongress offiziell als unabhängig galten. In die territorialen Streitigkeiten griffen auch Frankreich und Großbritannien ein, die den regionalen Einflussgewinn der bulgarischen SchutzmachtRusslandzurückzudrängen versuchten. ImErsten Balkankrieg1912 ging Bulgarien gemeinsam mit Serbien, Griechenland undMontenegrogegen das Osmanische Reich vor, dessen Territorium in Europa im anschließendenLondoner Vertragweitestgehend an das siegreiche Bündnis fiel. Über die konkrete Aufteilung des eroberten Gebiets kam es 1913 zum Zweiten Balkankrieg, in dem Bulgarien den einstigen Bündnispartnern, dem Osmanischen Reich und Rumänien allein gegenüberstand. Die nach dem Ersten Balkankrieg erzielten Gebietsgewinne verlor Bulgarien imFrieden von Bukarestweitestgehend wieder. Nach den Balkankriegen war Bulgarien in der Region isoliert.
Um den erlittenen Gebietsverlust zu revidieren, trat das Königreich im Oktober 1915 an der Seite derMittelmächtein denErsten Weltkriegein. Als sich im Sommer 1918 die Niederlage dieser Kriegspartei abzeichnete, schied Bulgarien am 29. September 1918 imWaffenstillstand von Thessalonikiaus dem Krieg aus.
Bulgarien musste nach den Bestimmungen des Vertrages folgende Gebietsabtretungen leisten:
Westthrakien kam unter die Administration derEntente, mit ihm auch die wichtige Hafenstadt Dedeagatsch (heute:Alexandroupoli). Somit verlor Bulgarien den Zugang zurÄgäisanGriechenland.
Zaribrod (heuteDimitrovgrad), ein paar Ortschaften entlang desTimok-Flusses undStrumiza(sogenannteBulgarische Westgebiete) kamen an das neu gegründeteKönigreich der Serben, Kroaten und Slowenen(SHS), welches Bulgarien auch anerkennen musste.
Die imFrieden von Bukarestfestgelegte rumänisch-bulgarische Grenze von 1913 wurde wiederhergestellt; Rumänien erhielt die 1913 annektierte und im Mai 1918 abgetreteneSüddobrudschazurück (sie ging imVertrag von Craiova1940 dann wieder an Bulgarien zurück).
Die bulgarische Armee darf nicht die Anzahl von 20.000 Soldaten überschreiten (Artikel 66)
Für die Gewährleistung der inneren Sicherheit darf Bulgarien über eine 10.000 Mann starkeGendarmerieverfügen sowie über eine 3.000 Mann starke Grenztruppe (Artikel 69)
Weiterhin waren Reparationen in der Höhe von 400 Millionen Dollar zu bezahlen.
Teil dieses Vertrags war eine Regelung zum Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und Bulgarien. Bulgarien und Griechenland unterzeichneten eineKonvention über die gegenseitige und freiwillige Emigration, die allerdings kein Rückkehrrecht vorsah. Es verließen 53.000 Bulgaren Griechenland und 39.000 Griechen Bulgarien (nach dem Ersten Weltkrieg waren insgesamt 46.000 Griechen aus Bulgarien ausgewandert).1927 wurde zur Regelung finanzieller Fragen zwischen Bulgarien und Griechenland dasMollow-Kaphantaris-Abkommenunterzeichnet.
Die Entscheidung des bulgarischen Herrschers Zar Ferdinand, Bulgarien am Weltkrieg teilnehmen zu lassen, wird heute als ein politischer Fehler betrachtet. Doch damals sahen die Dinge anders aus, zumal große Teile ethnisch-bulgarischen Territoriums weiterhin unter fremder Macht standen. Laut Dr. Lisbeth Ljubenowa vom Institut für Geschichtsforschungen der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften war die Lage äußerst kompliziert.
Jüngst entdeckte Dokumente des Privatarchivs des damaligen Premierministers Wassil Radoslawow weisen darauf hin, dass er bis zum letzten Augenblick versucht habe, den Eintritt Bulgariens zum Weltkrieg zu verhindern. Unmittelbar nach dem Zweiten Balkankrieg 1913 begannen Gespräche, in denen Radoslawow auf eine sogenannte „bewaffnete Neutralität“ Bulgariens bestand. Als sich langsam die zwei Hauptlager des künftigen Krieges abzeichneten, wurde mit beiden verhandelt, um für die Neutralität Bulgariens eine Entschädigung zu erwirken. Man visierte eine Einigung mit den jenseits der Landesgrenzen verbliebenen ethnisch-bulgarischen Landesteilen an.
Das Königreich Bulgarien nahm im Ersten Weltkrieg ab dem 14. Oktober 1915, als das Land Serbien den Krieg erklärte, bis zum 30. September 1918 an der Seite der Mittelmächte teil, als der Waffenstillstand von Saloniki in Kraft trat.
Nach den Balkankriegen von 1912 und 1913 war Bulgarien diplomatisch isoliert, umgeben von feindlichen Nachbarn und ohne Unterstützung der Großmächte. Besonders in Frankreich und Russland wuchs die negative Stimmung, deren Beamte Bulgarien für die Auflösung des Balkankorps verantwortlich machten, einer Allianz von Balkanstaaten, die sich gegen das Osmanische Reich richtete. Die Niederlage Bulgariens im Zweiten Balkankrieg 1913 verwandelte Revanchismus in einen Schwerpunkt der Außenpolitik.
Als der Erste Weltkrieg im Juli 1914 begann, erklärte Bulgarien aufgrund der wirtschaftlichen und demografischen Schäden der Balkankriege zunächst Neutralität. Aufgrund seiner strategischen Lage und seiner starken militärischen Ausstattung war das Land für beide kriegführenden Koalitionen ein begehrter Alliierter, aber seine regionalen territorialen Ansprüche waren schwer zu erfüllen, da sie Ansprüche gegen vier Balkanländer beinhalteten. Mit fortschreitendem Krieg waren die Mittelmächte Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich in einer besseren Position, diese Ansprüche zu erfüllen. Bulgarien trat im Oktober 1915 in den Krieg auf Seiten der Mittelmächte ein und griff Serbien an.
Obwohl Bulgarien das kleinste der Mittelmächte war, leistete es wichtige Beiträge zum gemeinsamen Kriegsziel. Der Eintritt Bulgariens in den Krieg führte zur Niederlage Serbiens, vereitelte die Ziele Rumäniens und katalysierte den osmanischen Kriegsaufwand, indem es eine Land- und Eisenbahnverbindung von Deutschland nach Istanbul bereitstellte, entlang der Via Militaris.
Obwohl die Balkankriegsführung der Mittelmächte 1915 und 1916 erfolgreiche Bewegungsoperationen erlebte, verwandelte sich der Konflikt auf beiden Fronten, der Nord- und Südfront Bulgariens, nach Erfüllung der meisten bulgarischen Kriegsziele in einen Stellungskrieg. Diese Phase des Krieges beschädigte weiter die Wirtschaft, was zu Versorgungsproblemen führte und die Gesundheit und Moral der bulgarischen Truppen verringerte. Trotz der Erreichung territorialer Ziele war Bulgarien nicht in der Lage, den Krieg zu beenden, was die Bereitschaft zur Fortsetzung des Kampfes schwächte. Diese Belastungen nahmen im Laufe der Zeit zu, und im September 1918 brach die multinationalen alliierte Armee auf der Makedonischen Front während der Vardar-Offensive durch. Ein Teil der bulgarischen Armee brach schnell zusammen, und offene Meuterei folgte, als rebellische Truppen in Radomir eine Republik ausriefen. Gezwungen, Frieden zu suchen, beantragte Bulgarien am 24. September 1918 einen Waffenstillstand mit den Alliierten und nahm diesen fünf Tage später an. Zum zweiten Mal in nur fünf Jahren erlebte Bulgarien eine nationale Katastrophe. Zar Ferdinand I. übernahm die Verantwortung, trat zugunsten seines Sohnes Boris III. am 3. Oktober ab.
Der Vertrag von Neuilly 1919 beendete formell Bulgariens Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Zu den Bestimmungen gehörte die Rückgabe aller besetzten Gebiete, die Abtretung zusätzlicher Gebiete und die Zahlung hoher Kriegsreparationen.
Deutsche und österreichisch-ungarische Diplomaten begannen sofort nach der anfänglichen Neutralitätserklärung Bulgariens, die Absichten der bulgarischen Regierung zu sondieren. Die beiden Länder legten Zar Ferdinand einen Entwurf für ein Militärabkommen zwischen den Mittelmächten und Bulgarien vor. Der deutsche Botschafter Michahelles nahm auch im August 1914 Verhandlungen mit Premierminister Radoslavov über ein Militärabkommen auf. Diese Schritte führten jedoch zu keinen konkreten Verpflichtungen der bulgarischen Regierung, die erkannte, dass das Land noch nicht kriegsbereit war. Die österreichische Niederlage in der Schlacht von Cer in Serbien untergrub ebenfalls die Versuche Österreich-Ungarns, ein explizites Bündnis mit Bulgarien zu sichern. Anfang September 1914 besuchte Herzog John Albert von Mecklenburg Bulgarien als persönlicher Vertreter von Kaiser Wilhelm II., doch auch ihm gelang es nicht, die feste Haltung der bulgarischen Regierung zu ändern.
Auch die Entente-Diplomaten saßen nicht tatenlos herum. Russland versuchte immer noch, eine neue Balkanstaatenliga zu bilden, die Serbien, Montenegro und Bulgarien umfassen sollte. Am 31. Juli bat Sazonov die serbische Regierung, festzulegen, welches Territorium sie Bulgarien im Austausch für dessen Neutralität oder militärische Zusammenarbeit anbieten würde, erhielt jedoch keine Reaktion vom serbischen Premierminister. Wenige Tage später schlug Sazonov vor, dass Serbien Teile der unbestrittenen Zone Makedonien an Bulgarien abtreten sollte, um sich der Entente anzuschließen, und schließlich die gesamte Zone abtreten sollte, wenn die Entente den Krieg gewinnen würde. Obwohl die Serben ihre russischen Schutzherren nicht verärgern wollten, entschieden sie sich, nicht nachzugeben. Die serbische Politik in dieser Angelegenheit war nicht von ethnografischen Motiven geleitet, sondern von einer geopolitischen Theorie, nach der das dominierende Land auf der Balkanhalbinsel das Land sein würde, das die Täler der Flüsse Morava und Vardar kontrollierte. Daher zog es Serbien vor, sich allein mit Österreich-Ungarn auseinanderzusetzen und Bulgarien eine wohlwollende Neutralität anzubieten, für die sie bereit waren, etwa ein Viertel der unbestrittenen Zone abzutreten, während sie die vollständige Kontrolle über den Vardar behielten. Dies jedoch hielt Sazonov nicht davon ab, Savinsky zu beauftragen, Ferdinand und Radoslavov vage territoriale Gewinne im Austausch für Bulgariens Zusammenarbeit anzubieten.
Auch die Russen waren in ihrem Handeln durch ihre Verbündeten, insbesondere Frankreich, eingeschränkt, das die Kooperation Rumäniens eher bevorzugte als die Bulgariens. Frische diplomatische Initiativen aus Frankreich wurden erwartet, nachdem am 26. August 1914 Théophile Delcassé, ein Diplomat mit umfassender Erfahrung in Bezug auf die Balkanfragen, zum französischen Außenminister ernannt worden war. Die französische Diplomatie, wie auch die russische, spielte mit der Idee einer neuen Balkanstaatenliga, die sich gegen das Osmanische Reich richten sollte, und glaubte, dass Bulgarien Ostthrakien bis zur Midia-Enos-Linie angeboten werden könnte. Dennoch war das Ansehen und der Einfluss Frankreichs in Bulgarien aufgrund seines Verhaltens während der Balkankriege stark geschwächt. Dies zwang die Franzosen, die führende Rolle Russlands in allen Versuchen, die Unterstützung Bulgariens zu gewinnen, anzuerkennen und sich auf eine vorsichtige Unterstützung russischer Vorschläge zu beschränken.
Die britische Regierung hielt es für am besten, keine Komplikationen auf dem Balkan zu verursachen, da sie der Meinung war, dass ein Bündnis neutraler Balkanstaaten besser in ihre Interessen passte. Dies stand im Widerspruch zu den russischen Vorstellungen, Bulgariens militärische Unterstützung im Austausch für territoriale Zugeständnisse seiner Nachbarn zu gewinnen. Großbritannien war daher nicht bereit, Bulgariens Nachbarn unter Druck zu setzen, um Bulgariens territoriale Forderungen zu erfüllen. Um die Entente-Ideen einer Balkanstaatenliga voranzutreiben, schickte die britische Regierung die liberalen Abgeordneten Noel und Charles Buxton, um sich inoffiziell mit führenden bulgarischen Staatsmännern zu treffen. Als sie in Bulgarien ankamen, wurden die Brüder herzlich empfangen und trafen sich im September zunächst mit Zar Ferdinand, Premierminister Radoslavov und Minister Tonchev, von denen sie feste Zusicherungen zur strikten Neutralität Bulgariens erhielten. Danach wandten sie sich den bulgarischen Oppositionsführern zu und trafen sich mit Aleksandar Stamboliyski, Ivan Geshov, Yanko Sakazov und anderen. Während ihres Aufenthalts im Land fanden die Buxtons, dass die Bulgaren, selbst die pro-Entente-Anhänger, sehr vorsichtig waren, wenn es darum ging, das Land mit Großbritannien zu verbünden. Der inoffizielle Charakter des Besuchs ließ ihn auch wie eine private Unternehmung erscheinen, die nicht von ernsthaften britischen Absichten getragen wurde. Dennoch setzten die Brüder ihre Arbeit in Bulgarien fort und setzten sich für eine Erklärung der Entente-Mächte ein, die Bulgarien die Unterstützung für seinen Anspruch auf die unbestrittene Zone Makedonien im Austausch für seine wohlwollende Neutralität gegenüber Rumänien und Serbien versprach. Trotz der Unterstützung aller alliierten Vertreter in Sofia konnten die Buxtons Premierminister H. H. Asquith nicht beeindrucken, der es für ausgeschlossen hielt, Serbien zur Abtretung von Land zu zwingen. Kurz nachdem Noel Buxton von einem türkischen Attentäter in Bukarest erschossen und schwer verwundet wurde, sahen sich er und sein Bruder gezwungen, ihre diplomatischen Aktivitäten vorübergehend einzustellen.
Im Oktober 1914 trat das Osmanische Reich in den Krieg an der Seite der Mittelmächte ein, was die politische und militärische Lage auf dem Balkan erheblich veränderte. Radoslavov erkannte, dass Bulgariens Wert als potenzieller Verbündeter nun erheblich gestiegen war. Die neue Situation erhöhte auch die Verhandlungsmacht von Deutschland und Österreich-Ungarn in den verbleibenden neutralen Balkanhauptstädten, aber sie brachte den Entente-Mächten in ihren Verhandlungen mit Bulgarien keinen Vorteil. Alles, was die Alliierten tun konnten, war, Radoslavov eine Note zu senden, in der vage territoriale Gewinne im Austausch für strikte Neutralität und weitere Gewinne im Fall eines Beitritts Bulgariens zum Krieg angeboten wurden. Der bulgarische Premierminister konnte ein solches vages Angebot angesichts der fortwährenden Bestrebungen Serbiens, keine Gebiete an Bulgarien abzutreten, nicht akzeptieren. Am 9. Dezember, als die Alliierten ihren vorherigen Fehler erkannten, sandten sie eine neue Erklärung, in der sie Bulgarien das osmanische Ostthrakien bis zur Midia-Enos-Linie und „faire“ territoriale Gewinne in Makedonien im Austausch für seine Neutralität versprachen. Radoslavov lehnte es erneut ab, Verpflichtungen einzugehen, und bestätigte seine Absicht, Bulgarien auf dem bereits eingeschlagenen Kurs zu halten.
Mit dem Ende des Jahres 1914 blieb Bulgarien weiterhin am Rande des Ersten Weltkriegs. Die öffentliche Meinung zeigte wenig Begeisterung für den Eintritt in den Konflikt und unterstützte die neutrale Haltung des Landes. Zu diesem Zeitpunkt verfolgte Premierminister Radoslavov eine "Abwarten-und-Sehen"-Politik, während er gleichzeitig erfolgreich die Fähigkeiten der kriegführenden Allianzen sondierte, die territorialen Ambitionen Bulgariens zu befriedigen. Eine endgültige Verpflichtung konnte erst eingegangen werden, wenn eine der Seiten einen entscheidenden militärischen Vorteil erzielt hatte und die Erfüllung der bulgarischen nationalen Ideale fest garantiert war.
Auf den Schlachtfeldern, die weit entfernt von Bulgarien lagen, war der Krieg in eine lange Phase des Stillstands eingetreten, ohne dass eine Seite einen klaren Vorteil erlangen konnte. An der Westfront konnten die Franzosen im Februar 1915 die deutschen Linien in der Ersten Schlacht von Champagne nicht durchbrechen, und auch weitere Versuche in der Zweiten Schlacht von Artois im Mai 1915 endeten erfolglos. Die Deutschen hatten beschlossen, ihre Bemühungen an die Ostfront zu verlagern, wo sie im Februar 1915 in der Zweiten Schlacht an den Masurischen Seen beträchtliche Erfolge gegen die Russen erzielten, aber ihre Gewinne wurden weitgehend beim Belagerung von Przemyśl im März wieder zunichte gemacht. Die Deutschen und Österreicher unternahmen daraufhin neue Gegenangriffe, um ihre Positionen wiederherzustellen. Schließlich trat Italien im Mai 1915 auf Seiten der Entente in den Krieg ein. Unter diesen Umständen stieg der militärische und politische Wert der neutralen Balkanländer erheblich.
Die militärischen Erfolge jeder kriegführenden Seite waren oft ein großes Asset in ihrer diplomatischen Werbung um Bulgarien. Als Przemyśl fiel und die Anglo-Franzosen in die Dardanellen landeten, zeigte Radoslavov größeres Interesse an Verhandlungen mit der Entente. Die führende Rolle Großbritanniens in der Gallipoli-Kampagne 1915 machte es zu einer natürlichen treibenden Kraft hinter den Entente-Versuchen, Bulgarien als Verbündeten zu gewinnen. Die Briten erkannten, dass der Schlüssel, um Bulgarien zu gewinnen, in der Vardar-Mazedonien lag, und schlugen Sazonov vor, dass Serbien bereit sein sollte, die unbestrittene Zone im Austausch für österreichisches Territorium abzutreten. Der russische Außenminister entschied sich, hinter diesem Vorschlag zu stehen, obwohl er ihn eher vage fand, solange er Bulgarien gegen das Osmanische Reich wenden konnte. Serbien blieb jedoch unbeirrbar, und Kronprinz George von Serbien erklärte sogar, dass das Land eher Bosnien aufgeben würde, als Vardar-Mazedonien an Bulgarien abzugeben.
Gleichzeitig hoffte Deutschland vergeblich, die Zahlung einer 150 Millionen-Rate des 1914-Kredits als Mittel zur Ausübung von Einfluss auf die bulgarische Regierung zu nutzen, und Radoslavov lenkte seine Aufmerksamkeit in eine unerwartete Richtung, indem er Genadiev nach Rom schickte. Der Zweck dieses Schrittes war für ausländische Beobachter unklar, und bald entstanden Spekulationen, dass Radoslavov nur versuchte, einen starken Konkurrenten für seinen Posten zu entfernen. Was auch immer der Grund war, Genadiev war während seines zwei-monatigen Aufenthalts in der italienischen Hauptstadt davon überzeugt, dass Italien sich darauf vorbereitete, sich während seines Aufenthalts auf die Seite der Entente zu stellen. Radoslavov war mit dieser Nachricht nicht zufrieden und dachte, dass sein Koalitionspartner die regierende Regierung gefährden könnte, wenn er den Bericht über seinen Auslandsbesuch dem Ministerrat Bulgariens vorlegte. Um dies zu verhindern, sorgte der Premierminister dafür, dass Genadiev seinen Eindruck nicht mit seinen Kollegen teilen konnte, und die meisten Minister waren völlig ahnungslos über seinen Bericht. Die Vorhersage des Außenministers, dass Italien in den Krieg auf Seiten der Entente eintreten würde, wurde im Mai 1915 Realität, aber es stellte auch eine unvorhergesehene Komplikation für die alliierte Diplomatie dar, da Italien und Serbien beide Ansprüche auf Dalmatien erhoben, was Serbien noch unnachgiebiger machte, als es darum ging, Zugeständnisse an Bulgarien zu machen.
Am 29. Mai, nicht lange nach Italiens Kriegseintritt, legten die Alliierten in Sofia unabhängig voneinander eine identische Note vor, in der sie ein Bündnis im Austausch für Bulgariens sofortigen Angriff auf das Osmanische Reich anboten. Im Gegenzug würde Bulgarien Ostthrakien bis zur Enos-Midia-Linie und die unbestrittene Zone in Makedonien erhalten. Bulgarien könnte Thrake nach Belieben besetzen, und die Gewinne in Makedonien waren davon abhängig, dass Serbien Land in Bosnien und einen Zugang zur Adriaküste erhielt. Die Alliierten versprachen auch erhebliche finanzielle Unterstützung und volle Unterstützung bei der Ausübung von Druck auf Griechenland, Kavalla abzutreten, während Rumänien Süddobrudscha zurückgeben sollte. In vielerlei Hinsicht stellte dieses Angebot einen Wendepunkt in der Beziehung zwischen der Entente und Bulgarien dar, da es erstmals eine Belohnung bot, die fast alle bulgarischen Forderungen erfüllte. Die Alliierten hatten ihre Vorschläge jedoch weder mit Serbien noch mit Griechenland abgestimmt, was heftige Proteste von diesen Ländern hervorrief. Dies ließ die Bulgaren natürlich mit ernsthaften Zweifeln an den Absichten der Alliierten zurück. Radoslavovs Antwort wurde erst am 15. Juni empfangen, und obwohl sie freundlich war, bat sie um weitere Klarstellungen und keinerlei Verpflichtungen. Darüber hinaus beeinflusste die sich verändernde militärische Lage auch die bulgarischen Meinungen, da Italiens Kriegseintritt Österreich-Ungarn nicht brechen konnte, die Russen in Galizien Niederlagen erlitten und die alliierte Landung in den Dardanellen weniger erfolgreich war als erwartet.
Die Mittelmächte waren sich der alliierten Annäherungen an Bulgarien bewusst und unterbreiteten nur wenige Tage vor dem alliierten Vorschlag vom 29. Mai ein eigenes Angebot. Die Österreicher und Deutschen würden sowohl die umstrittene als auch die unbestrittene Zone in Mazedonien garantieren, im Austausch für bulgarische Neutralität, und falls ein Krieg mit Griechenland und Rumänien entstünde, könnte Bulgarien mit den Gebieten rechnen, die es 1913 verloren hatte. Zar Ferdinand gab eine schnelle Antwort, aber zu diesem Zeitpunkt bevorzugte auch er es, das Land nicht in den Krieg zu verwickeln.
Die Alliierten hatten Schwierigkeiten, eine einheitliche Antwort auf Radoslavovs Fragen zu geben, da ihre Positionen zu divergieren begannen. Großbritanniens Außenminister Edward Grey hatte Zweifel an den wahren Absichten Bulgariens und wollte die gemachten Versprechungen gegenüber Bulgarien herunterfahren. Seine Ansichten stießen jedoch auch in seinem eigenen Kabinett auf Ablehnung; David Lloyd George und Winston Churchill waren der Meinung, dass ein hoher Preis, vor allem auf Kosten Griechenlands, es wert sei, gezahlt zu werden. Frankreich und Russland befürchteten, dass Greys Ideen Ferdinand und Radoslavov weiter von sich stoßen könnten, und waren ebenfalls dagegen. Im Gegensatz zu ihrem britischen Kollegen waren sowohl Sazonov als auch Delcassé auch bereit, größeren Druck auf Griechenland auszuüben, um entsprechende Zugeständnisse im Austausch für zukünftige Entschädigungen in Kleinasien zu erzielen. Die Russen wollten ein Zeitlimit für die bulgarische Zustimmung setzen, da ihre militärische Intervention am nützlichsten wäre, bevor der Herbstmatsch den schweren Kämpfen an der Ostfront ein Ende setzte. Als der Frühling 1915 verstrich, verpassten die Alliierten die vielversprechendste Gelegenheit, Bulgarien für ihre Sache zu gewinnen.
Die Sommermonate des Jahres 1915 erlebten eine entscheidende Auseinandersetzung zwischen der Diplomatie der Entente und der Mittelmächte. Marcel Dunan, ein junger französischer Historiker, Reporter für die französische Presse und Augenzeuge der entscheidenden Ereignisse, fasste die Bedeutung dieser Periode für den gesamten Kriegsverlauf zusammen, indem er sie einfach als den „bulgarischen Sommer“ von 1915 bezeichnete. Bulgariens strategische geografische Lage und die starke Armee konnten nun mehr denn je einen entscheidenden Vorteil für die Seite bieten, die es schaffte, die Unterstützung des Landes zu gewinnen. Für die Alliierten konnte Bulgarien notwendige Unterstützung für Serbien leisten, die russische Verteidigung stärken und das Osmanische Reich effektiv neutralisieren, während es für die Mittelmächte die Niederlage Serbiens, die Abtrennung Russlands von seinen Alliierten und den Weg nach Konstantinopel ebnen konnte, was den fortlaufenden Osmanischen Kriegsaufwand sichergestellt hätte. Beide Seiten hatten mehr oder weniger die Erfüllung der bulgarischen nationalen Bestrebungen versprochen, und das einzige Problem, mit dem der bulgarische Premierminister konfrontiert war, war, wie er maximale Gewinne im Austausch für minimale Verpflichtungen sichern konnte.
In dieser Zeit wurden viele hochrangige Vertreter der Entente und der Mittelmächte nach Sofia entsandt, um Bulgariens Freundschaft und Unterstützung zu gewinnen. Die Vertreter der Alliierten trafen sich mit den Führern der bulgarischen Oppositionsparteien und leisteten großzügige finanzielle Unterstützung für oppositionelle Zeitungen; sie versuchten sogar, hochrangige Regierungsbeamte zu bestechen. Deutschland und Österreich-Ungarn wollten nicht untätig bleiben und entsandten nach Bulgarien Herzog John Albert von Mecklenburg, den ehemaligen Botschafter im Osmanischen Reich Hans Freiherr von Wangenheim und Prinz Hohenlohe, die offen erklärten, dass Bulgarien nach der Niederlage Serbiens die Hegemonie auf dem Balkan übernehmen würde. Was das bulgarische Interesse am meisten erregte, war tatsächlich das Gleichgewicht der militärischen Macht. Die Situation an den großen europäischen Fronten entwickelte sich zu dieser Zeit deutlich zugunsten der Mittelmächte, und während die alliierte Operation in Gallipoli in ein kostspieliges Patt führte, wurden die Russen aus Galizien und Polen zurückgedrängt. Unter diesen Umständen hofften die Mittelmächte, Bulgarien endlich für sich zu gewinnen.
Dennoch dauerte es mehr als einen Monat, bis die Diplomatie der Entente auf Radoslavovs Fragen antwortete, und die Antwort war weit von zufriedenstellend entfernt. In Wirklichkeit unterschied sie sich kaum von dem Angebot, das die Alliierten im Mai unterbreitet hatten. Einmal mehr fehlte eine klare Garantie, dass Serbien die gewünschten Gebiete abtreten würde, und es wurde nicht einmal Süddobrudscha erwähnt. In den Augen der Bulgaren war dies ein Ausdruck der Hilflosigkeit der Entente angesichts der widersprüchlichen Ambitionen ihrer kleineren Balkan-Alliierten. Die diplomatischen Positionen der Mittelmächte in Sofia wurden erheblich gestärkt, was den bulgarischen Zar und Premierminister dazu zwang, einen Kurs hin zu einer endgültigen Ausrichtung des Landes auf die Seite der Mittelmächte zu verfolgen. Im August wurde eine bulgarische Militärmission unter der Leitung von Oberst Petar Ganchev, einem ehemaligen Militärattaché in Berlin, nach Deutschland entsandt, um die Einzelheiten eines Militärabkommens auszuarbeiten. Fast zur gleichen Zeit trat der Kriegsminister, Generalleutnant Ivan Fichev, zurück und wurde als Minister durch den pro-deutschen Generalmajor Nikola Zhekov ersetzt. Auch Radoslavov trat in Gespräche mit dem Osmanischen Reich ein und versuchte, Zugeständnisse im Austausch für Bulgariens wohlwollende Neutralität zu erlangen. In dieser Situation konnte Deutschland im Gegensatz zu den Alliierten zumindest seinen Verbündeten dazu bewegen, die Idee in Erwägung zu ziehen, etwas Land abzutreten, um die bulgarische Unterstützung zu gewinnen. Dennoch waren die Osmanen bereit, das Abkommen nur abzuschließen, nachdem Bulgarien ein Abkommen mit den Mittelmächten unterzeichnet hatte.
Im gesamten Monat August nahm die diplomatische Aktivität der Alliierten zu, wurde jedoch zunehmend inkohärent. Britische und französische Diplomaten begannen zu erkennen, dass angesichts der ständigen serbischen und griechischen Ablehnung jeglicher sofortiger Zugeständnisse das Beste, was sie hoffen konnten, darin bestand, Bulgarien neutral zu halten. Angesichts dieses diplomatischen Scheiterns griff die Entente sogar zu ungewöhnlicheren Mitteln, um Bulgarien an der Seitenlinie zu halten. Die Alliierten und ihre bulgarischen politischen Sympathisanten versuchten, die Ernte des Landes zu kaufen und eine Lebensmittelkrise zu erzeugen. Diese Angelegenheit wurde der bulgarischen Regierung offenbart, und die Täter wurden verhaftet. Entente-Diplomaten setzten weiterhin Druck auf die serbische Regierung, was schließlich dazu führte, dass diese eine nachgiebigere Haltung einnahm. Am 1. September 1915 stimmte der serbische Premierminister zu, etwa die Hälfte der unbestrittenen Zone abzutreten, forderte jedoch, dass Serbien den Großteil des Landes westlich des Vardar, einschließlich der Städte Prilep, Ohrid und Veles, behalten sollte. Im Gegenzug für diese territorialen Zugeständnisse müssten die Alliierten Serbien gestatten, Kroatien und Slowenien zu absorbieren und Bulgarien auffordern, das Osmanische Reich anzugreifen. Das serbische Angebot war jedoch inakzeptabel, und die meisten seiner Forderungen wurden abgelehnt. Zur gleichen Zeit wussten die Alliierten nicht, dass die Verhandlungen zwischen Bulgarien und den Mittelmächten eine kritische Phase erreicht hatten.
Am 6. September 1915 formalisierte Bulgarien seine Zugehörigkeit zu den Mittelmächten, indem es drei separate politische und militärische Dokumente unterzeichnete. Das erste Dokument wurde von Premierminister Radoslavov und dem deutschen Botschafter Michahelles in Sofia unterzeichnet: der Vertrag der Freundschaft und Allianz zwischen dem Königreich Bulgarien und dem Deutschen Reich. Der Vertrag bestand aus fünf Artikeln, die für fünf Jahre in Kraft bleiben sollten. Laut dem Vertrag verpflichteten sich beide Vertragspartner, keine Allianz oder Vereinbarung einzugehen, die gegen den jeweils anderen gerichtet war. Deutschland war verpflichtet, die politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität Bulgariens gegen jeden Angriff zu schützen, der ohne Provokation durch die bulgarische Regierung erfolgen könnte. Im Gegenzug verpflichtete sich Bulgarien, gegen jedes benachbarte Land vorzugehen, das Deutschland angreifen würde.
Der zweite wichtige Dokument war ein geheimer Zusatz zum Allianzvertrag. Darin wurden die territorialen Erwerbungen festgelegt, die Deutschland Bulgarien garantierte: das gesamte Vardar-Makedonien, einschließlich der sogenannten umstrittenen und unstrittigen Zonen, sowie der Teil von Altserbien östlich des Flusses Morava. Sollte Rumänien oder Griechenland Bulgarien oder seine Verbündeten ohne Provokation angreifen, würde Deutschland Bulgariens Annexion der Gebiete zustimmen, die durch den Vertrag von Bukarest 1913 an diese Länder verloren gingen, sowie einer Korrektur der bulgarisch-rumänischen Grenze, wie sie durch den Vertrag von Berlin 1878 festgelegt wurde. Außerdem gewährten Deutschland und Österreich-Ungarn der bulgarischen Regierung ein Kriegsdarlehen von 200.000.000 Franken, und falls der Krieg länger als vier Monate dauern sollte, garantierten sie ein zusätzliches Darlehen.
Das dritte Dokument wurde im deutschen Ost-Hauptquartier in Pless zwischen dem Chef des deutschen Generalstabes Erich von Falkenhayn, dem Chef des österreichisch-ungarischen Generalstabes Graf Franz Conrad von Hötzendorf und dem Delegierten der bulgarischen Regierung, Oberst Peter Ganchev, abgeschlossen. Es handelte sich um eine militärische Konvention, die den Plan zur endgültigen Niederlage und Eroberung Serbiens festlegte. Deutschland und Österreich-Ungarn waren verpflichtet, innerhalb von 30 Tagen nach Unterzeichnung der Konvention gegen Serbien zu handeln, während Bulgarien dies innerhalb von 35 Tagen tun musste. Deutschland und Österreich-Ungarn sollten mindestens sechs Infanteriedivisionen für den Angriff aufstellen, Bulgarien mindestens vier Infanteriedivisionen gemäß ihrer festgelegten Organisation. Alle diese Truppen sollten unter das Kommando von Generalfeldmarschall August von Mackensen gestellt werden, dessen Aufgabe es war, „die serbische Armee zu bekämpfen, wo immer er sie findet, und so schnell wie möglich eine Landverbindung zwischen Ungarn und Bulgarien zu schaffen und zu sichern“. Deutschland verpflichtete sich auch, Bulgarien mit Kriegsgerät zu unterstützen, sofern dies nicht den eigenen Bedarf Deutschlands schädigte. Bulgarien sollte die vier Divisionen innerhalb von 15 Tagen nach Unterzeichnung der Konvention mobilisieren und mindestens eine weitere Division (außerhalb von Mackensens Kommando und Kräften) bereitstellen, die Vardar-Makedonien besetzen sollte. Bulgarien verpflichtete sich außerdem, während der Kriegsoperationen gegen Serbien eine strikte Neutralität gegenüber Griechenland und Rumänien zu wahren, solange diese beiden Länder selbst neutral blieben. Das Osmanische Reich erhielt das Recht, allen Punkten der militärischen Konvention zuzustimmen, und Falkenhayn sollte sofort Verhandlungen mit seinen Vertretern aufnehmen. Bulgarien seinerseits stimmte zu, allen Materialien und Soldaten, die von Deutschland und Österreich-Ungarn in das Osmanische Reich geschickt wurden, freien Durchgang zu gewähren, sobald eine Verbindung durch Serbien, den Donauraum oder Rumänien hergestellt worden war.
Am selben Tag schloss Bulgarien mit dem Osmanischen Reich ein separates Abkommen, das Bulgarien den Besitz der verbleibenden osmanischen Gebiete westlich des Flusses Maritsa, einschließlich eines 2 Kilometer langen Streifens am östlichen Ufer entlang des gesamten Flusses, gewährte. Dies verschaffte Bulgarien die Kontrolle über die Eisenbahn zum ägäischen Hafen von Dedeagach sowie über etwa 2.587 Quadratkilometer (999 Quadratmeilen) Land.
Die Alliierten wussten nichts von dem Vertrag zwischen Bulgarien und Deutschland und versuchten am 13. September erneut, die Unterstützung Bulgariens zu gewinnen, indem sie die Besatzung der unstrittigen Zone durch alliierte Truppen anboten, um zu garantieren, dass Bulgarien diese nach einem Angriff auf das Osmanische Reich erhalten würde. Dieses Angebot war jedoch ein Zeichen der Verzweiflung, und selbst der britische Außenminister hielt es für unzureichend. Radoslavov entschied sich, mitzuspielen, und bat um weitere Klarstellungen.
Am 22. September erklärte Bulgarien die allgemeine Mobilmachung, und Radoslavov erklärte, das Land würde einen Zustand der „bewaffneten Neutralität“ annehmen, den seine Nachbarn nicht als Bedrohung wahrnehmen sollten. Dieses Ereignis war ein Hinweis auf Bulgariens Absichten und veranlasste die Serben, die Entente um Unterstützung für einen präventiven Schlag gegen Bulgarien zu bitten. Die Alliierten waren jedoch noch nicht bereit, Serbien militärisch zu unterstützen, und verweigerten dies, wobei sie ihre Bemühungen stattdessen auf die Verzögerung des scheinbar unvermeidlichen bulgarischen Angriffs konzentrierten. Sazonov, verärgert über diesen „bulgarischen Verrat“, drängte darauf, ein klares Ultimatum an das Balkanstaat zu stellen. Die Franzosen und Briten widerstanden zunächst, fielen aber schließlich mit den Russen auf Linie, und am 4. Oktober präsentierte die Entente ein Ultimatum, das verlangte, dass alle deutschen Offiziere, die der bulgarischen Armee angehören, innerhalb von 24 Stunden nach Hause geschickt werden sollten. Am vorherigen Tag war eine kleine alliierte Streitmacht in Salonika gelandet. Radoslavov antwortete nicht, und am 5. Oktober baten die alliierten Vertreter um ihre Pässe und verließen Sofia.
Am 14. Oktober erklärte Bulgarien Serbien den Krieg, und die bulgarische Armee marschierte in serbisches Gebiet ein. Der britische Premierminister H. H. Asquith stellte fest, dass „ein sehr wichtiger Abschnitt der Diplomatiegeschichte“ zu Ende gegangen war. Er gab dieser schweren diplomatischen Niederlage der Alliierten Russland und insbesondere Serbien die Schuld, welches seiner „Starrköpfigkeit und Gier“ die Verantwortung trug. In militärischer Hinsicht machte Bulgariens Beteiligung die Position der Alliierten in Gallipoli ebenfalls unhaltbar.
Organisation und Zustand der Armee
Die Demobilisierung der bulgarischen Armee nach dem formellen Ende des Zweiten Balkankrieges fand unter schwierigen Bedingungen statt, die durch die Bedrohung durch das Osmanische Reich im Süden Bulgariens und die rumänische Besetzung des Nordens verursacht wurden. Viele Divisionen mussten auf ihre Friedensstärke reduziert und neu eingesetzt werden, um die osmanische Grenze zu sichern. Erst nach der Unterzeichnung des Vertrags von Konstantinopel konnte der Demobilisierungsprozess abgeschlossen und die Armee in ihre Friedensorganisation überführt werden. Die alten neun regulären Infanteriedivisionen wurden in ihre Garnisonsgebiete zurückgeführt; die 10. Ägäische Division, die im Ersten Balkankrieg gebildet worden war, wurde in den neu erworbenen Gebieten der Rhodopen und West-Thrakien stationiert; die 11. Infanteriedivision wurde auf die minimale Größe reduziert und in eine Kaderdivision umgewandelt, die für die Ausbildung neuer Rekruten verwendet wurde. Am 8. Dezember war die Demobilisierung abgeschlossen, und die Friedensarmee bestand nun aus 66.887 Mann, von denen 36.976 im Inland Bulgariens und 27.813 in den neuen Gebieten stationiert waren.
Im Friedenszustand bestand die bulgarische Landstreitkräfte aus drei Armeen, zehn Infanteriedivisionen, vierzig Infanterieregimentern, neunzehn Artillerieregimentern, elf Kavallerieregimentern, fünf Ingenieurbataillonen, einem Eisenbahn-Bataillon, einem Telegrafen-Bataillon und einem technischen Bataillon. Diese Kräfte behielten die territoriale Organisation bei, die vor dem Ersten Balkankrieg eingerichtet worden war. Das Land war in drei Armeekontrollinspektorate, zehn Divisionsbezirke und vierzig Regimentsbezirke unterteilt. Im Kriegsfall bildeten die Stäbe dieser administrativen Einheiten das Hauptquartier und den Stab einer separaten Armee, Division oder Regiment. Alle männlichen bulgarischen Staatsangehörigen waren im Alter von 20 Jahren zur Armee einberufen, um für einen Zeitraum von zwei Jahren im Infanteriedienst und drei Jahren in anderen Zweigen der aktiven Armee zu dienen. Nach dieser Dienstzeit wurden sie für weitere 18 Jahre in der Infanterie oder 16 Jahre in anderen Zweigen der Reservearmee eingetragen. Diese Reserve war das Herzstück der Armee, da sie den Großteil der verfügbaren Arbeitskräfte umfasste und bis Ende 1914 eine Größe von 374.613 Mann erreichte. Männer zwischen 40 und 48 Jahren dienten in der Nationalmiliz (Narodno Opalchenie), die in zwei „Ban“ unterteilt war. Zunächst bestand der Erste Ban aus Männern im Alter von 41 bis 44 Jahren und der Zweite Ban aus Männern im Alter von 45 bis 48 Jahren. Etwa 1914, nach den Erfahrungen des Balkankriegs, wurden die Männer zwischen 45 und 46 Jahren, die dem Zweiten Ban angehörten, in getrennte Etappen-Truppen eingeteilt. Anfang 1915 konnte die bulgarische Armee insgesamt auf etwa 577.625 ausgebildete Männer im Alter von 20 bis 48 Jahren zurückgreifen. Eine spezielle Untersuchung ergab auch, dass weitere 231.572 Männer für den Militärdienst in Frage kamen, aber noch keine Ausbildung erhalten hatten. Viele von ihnen wurden 1915 einberufen und erhielten ihre Ausbildung.
Die Hauptwaffe der bulgarischen Infanterie war seit Ende des 19. Jahrhunderts das Mannlicher-Magazingewehr, insbesondere das Modell M95, aber auch die Modelle von 1888 und 1890. Weitere Gewehre, die von der Armee verwendet wurden, waren das Mosin-Nagant 1891 Modell, das Berdan II und eine Reihe von Mausergewehren, die während des Ersten Balkankriegs von den Osmanen erbeutet wurden. Offiziere waren mit einer Vielzahl von Pistolen und Revolvern bewaffnet, darunter das Parabellum 1908 und Smith & Wesson. Seit 1908 war die Infanterie auch mit dem schweren Maxim-Maschinengewehr ausgestattet.
Die bulgarische Kavallerie war mit Säbeln für den Nahkampf und dem Mannlicher M.1890 Karabiner bewaffnet. Die Balkankriege hatten gezeigt, dass die Pferdezucht in Bulgarien nicht ausreichend entwickelt war, um die Kriegsanforderungen der Armee zu erfüllen. Um den Mangel an starken Kavallerie- und Artilleriepferden zu kompensieren, importierten die Behörden bis Oktober 1915 etwa 300 Tiere. Die Artillerie bestand aus verschiedenen Feld-, Gebirgs- und Festungsgeschützen, die größtenteils von den beiden weltweit führenden Herstellern Schneider und Krupp produziert wurden. Während des Zweiten Balkankriegs hatte die bulgarische Armee eine beträchtliche Menge ihrer Artillerie verloren, aber bis 1915 gelang es dem Land, die Verluste zu beheben und die Anzahl der verfügbaren Geschütze zu erhöhen, sodass im Oktober 1915 der Artilleriepark 1.211 Stücke umfasste, von denen 418 keine Schnellfeuergeschütze waren. Die Munition für die Artillerie war jedoch knapp, und der Mangel an großen heimischen Produktionskapazitäten ließ der Armee nur etwa 500 Granaten pro Geschütz, was den Bedarf der Artillerie für etwa zwei Monate deckte.
Bulgarien verfügte über eine kleine Marine von Torpedobooten und Patrouillenbooten, die nur in den Küstengebieten des Schwarzen Meeres und entlang des Flusses Donau operieren konnten. Nach dem Zweiten Balkankrieg erlangte das Land Zugang zum Ägäischen Meer, und im Januar 1915 wurde durch einen königlichen Erlass die „Ägäische Sektion“ der bulgarischen Marine gegründet. Zunächst wurden nur 78 Soldaten dieser kleinen Truppe zugeteilt und erhielten die Aufgabe, die Küste zu überwachen und Minen zu verlegen. Diese Aktivitäten konzentrierten sich auf die Häfen von Porto Lagos und Dedeagach, doch die wahre Entwicklung der Einrichtungen dort wurde durch finanzielle Schwierigkeiten behindert.
Die bulgarische Luftwaffe hatte während des Ersten Balkankriegs einige Erfahrungen gesammelt, aber ihre Entwicklung wurde nach der Niederlage im Zweiten Balkankrieg gestoppt. Die Flugzeug- und Ballonabteilungen wurden auf zwei Kompanien reduziert und in ein technisches Bataillon eingegliedert, das den Ingenieuren der Armee zugeordnet war. Die Flugzeugabteilung, die fünf funktionierende Flugzeuge und 124 Männer (darunter acht Piloten) umfasste, war auf einem Flugplatz außerhalb von Sofia stationiert. Trotz der schwierigen Bedingungen ergriff das Kommando Maßnahmen, um die Material- und Personalsituation der Lufttruppen zu verbessern, indem eine spezielle Reparaturwerkstatt gebaut und eine spezialisierte Schule für die Ausbildung von Piloten, Beobachtern und Technikern eröffnet wurde. Die feindlichen Nachbarstaaten isolierten Bulgarien praktisch von den großen Flugzeugherstellern und verhinderten die Lieferung neuer Flugzeuge. In dieser Situation mussten einige bulgarische Luftfahrtbegeisterte eine vollständig funktionsfähige bulgarische Flugzeug bauen. Im Sommer 1915 gelang es Assen Jordanoff als erstem, dieses Ziel zu erreichen, indem er das erste bulgarische Flugzeug entwarf und baute, das später Diplane Yordanov-1 genannt wurde. Dennoch hatte die Flugzeugabteilung im September 1915 nur zwei deutsche Albatros B.I, zwei französische Blériot IX-2 und ein Blériot IX-bis. Sie wurden jedoch durch drei deutsche Fokker-Е80Е-III und deren deutsche Besatzung verstärkt, deren Aufgabe es war, Sofia vor etwaigen Angriffen zu schützen. Erst nachdem Bulgarien in den Krieg eintrat, konnte die Luftwaffe neue Flugzeuge erhalten.
Im Jahr 1915 wurde auch die Antiluftkomponente der bulgarischen Streitkräfte ins Leben gerufen. Die erste solche spezialisierte Formation war eine gemischte Batterie von sechs Geschützen (zwei Schnellfeuer-75-mm-Krupp-Geschütze und vier nicht-schnellfeuernde 87-mm-Krupp-Geschütze), sieben Maschinengewehre (fünf Madsen und zwei Hotchkiss), die rund um Sofia eingesetzt wurden.